Fahrplan zur Kostenreduzierung bis 2030

Mittelfristige Finanzplanung

Dem Kirchenparlament liegt der Bericht einer Koordinierungsgruppe zur mittelfristigen Finanzplanung vor. Nachhaltige Haushaltsreduzierungen und ein perspektivisch wieder ausgeglichener Haushalt sind das Ziel.

In den nächsten Jahren muss die Bremische Evangelische Kirche (BEK) ihre Ausgaben reduzieren, um das strukturelle Haushaltsdefizit zu beseitigen und Ausgaben und Einnahmen miteinander in Einklang zu bringen. Der Kirchentag hatte im März 2021 beschlossen, eine Finanzstrategie bis 2030 zu entwickeln, die dem erwartbaren Kirchensteuerrückgang in Höhe von 30 % Rechnung tragen soll. Eine Kürzung im Haushalt um real 30% würde einen erheblichen Einschnitt in die Arbeit der Gemeinden und Einrichtungen bedeuten. Größter Kostenfaktor sind die Personalkosten, da kirchliche Arbeit vor Ort nah am Menschen geschieht und personalintensiv ist.

BEK-Schriftführer, Bernd Kuschnerus, hob die Bedeutung des Bereichs Seelsorge hervor, ein Bereich, in dem keine Kürzungen vorgenommen werden sollen. Die Evangelische Studierendengemeinde (ESG) und das Landesjugendpfarramt werden  künftig die St. Pauli-Kirche nutzen. Für das forum Kirche wird im Zusammenhang mit der angestrebten Veräußerung des Gebäudes in der Hollerallee ein Konzept für die weitere Vernetzung erarbeitet. Die Fachstelle Alter und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt werden eigenständige Arbeitsbereiche im Evangelischen Bildungswerk, das zukünftig im Gemeindehaus Alt Hastedt angesiedelt werden soll.

Im Personalbereich erfolgen Kürzungen im Wesentlichen durch Verrentungen. Für die Arbeitsstelle für Religionspädagogik und Medien soll ein zukunftsfähiges Konzept erarbeitet werden. Ebenso für das  Schiffsprojekt „Verandering“.

Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit sollen die Präsenz in sozialen Medien, die Kampagnenfähigkeit der Bremischen Evangelischen Kirche sowie die Mitgliederorientierung und Mitgliederbindung eine wichtige Rolle spielen.

Ferner berichtete der Schriftführer über ein Erprobungsprojekt Servicestelle Kasualien (Amtshandlungen, wie z.B. Taufe und Trauung). Der Kirchenausschuss hat beschlossen, dieses Projekt für zwei Jahre beim Kapitel acht anzusiedeln. Die Aufgabe ist, kirchenungeübte und jüngere Menschen bei Interesse an einer Amtshandlung zu begleiten, den Kontakt zu Gemeinden herzustellen und einen niedrigschwelligen Zugang zu ermöglichen. Dazu soll Auskunft per Internet und Kontakt per Social Media, Telefon und Mail dienen. Ferner geht es um (Mit-)Organisation von Events, die im Zusammenhang mit Amtshandlungen stehen (Aktionen zum Valentinstag, Hochzeitsmesse, Tauffeste etc.)

Koordinierungsgruppe

Im Mai 2021 wurde dem Kirchentag die Bildung einer Koordinierungsgruppe für den Diskussionsprozess zur mittelfristigen Finanzplanung empfohlen. Ihr sollten Mitglieder aus allen gemeindlichen und gesamtkirchlichen Arbeitsfeldern angehören. Zur vollen Besetzung des Gremiums wurden weitere Mitglieder vom Kirchentag gewählt. Im November 2021 war die Koordinierungsgruppe komplett. Ihr gehörten anfangs elf Mitglieder an, drei sind zwischenzeitlich ausgeschieden.

Im ersten Quartal 2022 gab es Auftaktveranstaltungen zum Diskussionsprozess um die mittelfristigen finanziellen Perspektiven. Aufgrund der Corona-Lage mussten diese ersten Veranstaltungen digital stattfinden. Die Beteiligung der Gemeinden an diesem Angebot war nicht so groß, was der Schriftführer, Pastor Bernd Kuschnerus, auf die Auslastung der Gemeinden durch das Alltagsgeschäft zurückführt. Es fordere die leitenden Gremien so sehr, dass wenig Spielraum für die langfristige Perspektive bleibe. Das sei auch in anderen Landeskirchen zu beobachten, so Kuschnerus. So hat die benachbarte Landeskirche Hannovers Mitte Mai beschlossen, nach anderthalb Jahren ihren Zukunftsprozess vorzeitig zu beenden, weil die Resonanz weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei.

Zur möglichst breiten Beteiligung am Diskussionsprozess bereitet die Koordinierungsgruppe eine Mitarbeitenden-Befragung vor. Ferner sollen die Kita-Eltern befragt werden, und es wurde ein Format für die Beteiligung Jugendlicher entwickelt. Die Gründe, warum Menschen aus der Kirche austreten, sollen ebenso betrachtet werden wie Formen, mit denen Gemeinden und Einrichtungen Menschen zeitgemäß ansprechen können.

Eine zentrale Frage lautet: Wie sieht eine "Kirche der Zukunft" aus? Deshalb wollen insbesondere die Jugendlichen in der Bremischen Evangelischen Kirche darauf hinwirken, dass sich die Gemeinden und die gesamtkichlichen Arbeitsfelder künftig als EINE KIRCHE begreifen, anstatt Partikularinteressen zu verfolgen und eine Kirche der Zukunft bauen. Ein  Jugend-Beteiligungsprozess wurde gerade abgeschlossen. Dessen Ergebnisse werden ebenfalls auf dem Kirchentag präsentiert.

Die Koordinierungsgruppe wird intern und extern beraten. Sie entwickelt Beteiligungsformate und setzt sie um. Die letzte Entscheidung zu etwaigen Kürzungen fällt nach den Beratungen in den Ausschüssen der Kirchentag.

Hintergrund: Die Freiburger Studie gibt Anlass zur Sorge

Im Jahr 2019 wurde die Freiburger Studie veröffentlicht. Sie enthält Modellrechnungen zur Entwicklung der Mitgliederzahlen und des Kirchensteueraufkommens. Der Kirchenausschuss der Bremischen Evangelischen Kirche rechnet aufgrund dieser Projektion bis 2025/2030 mit sinkenden Einnahmen und hält eine erhebliche Ausgabenreduzierung für notwendig. Erschwerend kommen inzwischen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise und des russischen Angriffs auf die Ukraine hinzu. Wer keine Einnahmen erzielt oder in Kurzarbeit ist, zahlt weniger Einkommenssteuer und folglich auch weniger bis gar keine Kirchensteuer.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erwartet einen Kirchensteuerrückgang bis 2030 in Höhe von bis zu 15%. Hinzu kommt eine angenommenen Inflation (und Gehaltssteigerung) von 1,5 bis 2% pro Jahr, so dass mit einem Rückgang der Mittel um mindestens weitere 15% (Kaufkraft bereinigt) bis 2030 gerechnet wird.

Rückläufige Einnahmen voraussichtlich auch in Bremen

Auf der Basis der gegenwärtigen Erkenntnisse ist auch für die Bremische Evangelische Kirche eine Verminderung der Finanzkraft um ca. 30% bis 2030 zu erwarten. Deshalb empfiehlt der Kirchenausschuss, ausgehend vom Haushalt 2019, eine reale Aufwandsreduzierung um 20% bis zum Jahr 2025 und weitere 10% bis zum Jahr 2030. Hinzu kommt, dass die Bremische Evangelische Kirche seit 2019 immer auf ihre Rücklagen zurückgreifen musste, um einen ausgeglichenen Haushalt realisieren zu können.

Obwohl die Bremische Evangelische Kirche derzeit immer noch gut aufgestellt ist, rät der Kirchenausschuss zur Vorsicht. Noch ist nicht verlässlich absehbar,  wann die Wirtschaft sich wieder deutlich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Angriffskrieges auf die Ukraine erholen wird. Auch Mitgliederzahlen (163.674 zum 1. Januar 2023), Inflationsrate und Personalkostensteigerungen sind nicht exakt vorhersehbar.

Finanzplanung: Der Fahrplan