Weniger Sonderlösungen Wolf Arne Frankenstein Bremer Landesbehindertenbeauftragter Behinderte Menschen werden in unserer Gesellschaft noch immer strukturell benachteiligt Gerade Men schen mit hohem Unterstützungsbedarf oder kogniti ver Beeinträchtigung wird die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe erschwert Als Behinderten beauftragter erlebe ich dass sich diese Effekte durch die Pandemie verstärken Während in vielen Bereichen der Alltag zurückkehrt werden behinderte Menschen sozial isoliert Wer in einer Einrichtung lebt wird durch starre Besuchsregeln an Kontakten gehindert Wer in einer Werkstatt arbeitet kann nur unter bestimmten Voraussetzungen dorthin zurück Wir brauchen für die Zukunft in allen Lebensbereichen weniger Sonderlösun gen Nur wenn wir unser Leben von der Kita über den Arbeitsmarkt bis hin zur Freizeit gemeinsam gestalten werden wir eine inklusive Gesellschaft und Inklusion ist das beste Mittel gegen Diskriminierung kirche bremen de bremer kirchenzeitung Juli 2020 15 Für unsere Kinder steht der Mensch im Vordergrund egal welcher Hautfarbe Herkunft Religion oder wel chen Geschlechts Wer bei uns Prinzessin oder Ritter sein will darf das natürlich unabhängig vom Geschlecht Alle dürfen Gefühle haben ob angenehme oder unan genehme Kinder sind offen und neugierig sprechen aus was sie beobachten ohne es zu bewerten Im Ge gensatz zu Erwachsenen machen sie nicht sofort Schub laden auf Als Pädagogen innen erklären wir nicht den Kindern die Welt sondern sie erklären uns ihre Welt aus ihrer Perspektive und ihren Gedanken Kinder brauchen Freiräume um sich eine eigene Meinung zu bilden Wir stülpen ihnen deshalb nichts über auch wenn wir unse re eigene Lebenserfahrung natürlich einbringen wenn es darum geht Kinder beispielsweise vor Gefahren zu schützen Auch Kinder erleben Diskriminierung wenn sie im Sinne von Erwachsenen funktionieren müssen Doch Kinder haben Kinderrechte Da müssen Erwach sene oft noch dazulernen und umdenken Gewaltfreie Erziehung Meinungsfreiheit und Beteiligung gehören dazu Kinder haben das Recht auf Augenhöhe ange sprochen zu werden da müssen Erwachsene in punkto Respekt und Toleranz noch sehr viel üben Ich glaube daran dass Kinder die respektvolle einfühlsame und offene Erwachsene an ihrer Seite haben diese Haltung auch in ihr späteres Leben tragen werden Vielfalt gehört in der Kita zum Alltag Katrin Schmohel Leiterin der Immanuel Kita in Walle Pflege wird in unserer Gesellschaft leider oft nur als Kostenfaktor gesehen Mein Mann leidet seit über zehn Jahren an Demenz ich kenne mehrere Pflegeheime Die strukturellen Mängel rächen sich in Corona Zeiten besonders Personalmangel Kostendruck und Überfor derung führten dazu dass Angehörige elf Wochen lang schlicht ausgesperrt wurden und alte Menschen sich entmündigt und diskriminiert fühlten In über 50 Jah ren unserer Ehe waren wir noch nie so lange getrennt Telefonieren funktionierte nicht weil mein Mann nicht mehr redet Glücklicherweise konnte ich mich in mei nem Garten abreagieren weil ich diese Situation nur schwer aushielt Ich habe von einem Ehemann gehört der versucht hat durchs Fenster zu klettern um zu sei ner Frau reinzukommen Das sind menschliche Katas trophen Ich habe jeden Abend für meinen Mann gebe tet Halte durch gestorben wird später Im Mai nachdem Besuche eigentlich wieder erlaubt waren konnte ich ihn an seinem Geburtstag nicht besu chen sondern wurde auf die Woche darauf verwiesen Das Heim hat auf die Aufhebung des Besuchsverbots sehr zeitverzögert reagiert Die Zeitfenster sind sehr kurz und die Wartezeiten auf einen Termin viel zu lang Dem Heim fehlt schlicht Personal um Besuche auf Abstand zu begleiten Man fühlt sich ausgeliefert weil man um einen Termin betteln muss Als ich mich vor sichtig beschwerte bekam ich zu hören Dann wech seln sie doch in ein anderes Heim Mein Mann erkennt mich jetzt zumal mit Maske mit Abstand hinter einer Scheibe nicht mehr Anfassen um Kontakt aufzunehmen ist auch nicht erlaubt Wir haben wertvolle Monate verloren Alte Menschen werden entmündigt Angehörige eines Bremer Pflegeheimbewohners Frei sein Vielfalt leben

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