Schande für Europa Heinrich Bedford Strohm über Seenotrettung eine politische Kirche und Corona kirche bremen de bremer kirchenzeitung Oktober 2020 3 Gespräch Matthias Dembski Foto EKD Als Heinrich Bedford Strohm am 21 September von der Festsetzung des Flüchtlings rettungsschiffs Sea Watch 4 im Hafen von Palermo hört ist er empört Für die Blok kade eines Seenotrettungsschiffs anzuführen es seien zu viele Rettungswesten an Bord ist absurd und richtet sich politisch klar gegen die Seenotrettung von Flücht lingen an sich Es ist eine Schande für Europa dass vor unseren Toren Menschen ertrinken und es keine staatliche Seenotrettung gibt Zivile Seenotretter sind die ein zigen die gegenwärtig im Mittelmeer Menschen retten Sie zu kriminalisieren und an ihrer Rettungsarbeit zu hindern finde ich völlig inakzeptabel Trotzdem habe er die Hoffnung dass das Schiff bald wieder auslaufen könne sagt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland EKD der mit dem Kapitän per Videoschalte gesprochen hat Wir brauchen jetzt Geduld und müssen versuchen das Schiff wieder von der Kette zu kriegen Dafür müssen alle Akteure der Zivilgesellschaft auch die Kirchen öffentlich Druck machen Europa sollte von den oft beschworenen christli chen Werten schweigen wenn es nicht bereit ist sich von ihnen auch verpflichten zu lassen Sich politisch einzumischen ist für den EKD Chef kein Selbstzweck Fröm migkeit bedeutet dass wir frei sind uns für unsere Nächsten einzusetzen Die See notrettung ist keine Ausnahme sondern steht für das was wir an sozialer Arbeit und tätiger Nächstenliebe jeden Tag an vielen Stellen tun und was nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht Breites Rettungs Bündnis An Aufnahmebereitschaft für Flüchtlinge mangele es nicht Über 180 Städte dar unter auch Bremen gehören europaweit zum Bündnis Seebrücke Es kann nicht sein dass diese Aufnahmebereitschaft nicht genutzt wird Auch hier hilft nur weiterer öffentlicher Druck Die Seenotrettung ist für den Bischof ein Herzensanliegen Wo Menschenleben in Gefahr sind können wir nicht untätig zusehen Wir müssen gleich zeitig auch stärker über Fluchtursachen nachdenken Im Verbund mit allen europä ischen Kirchen gehe es darum für die Aufnahme und faire Verteilung von Flüchtlin gen auf alle EU Ländern zu werben Ich spreche darüber regelmäßig mit Bischöfen aus anderen Ländern Europas besonders auch Mittelosteuropa in denen die Skepsis gegenüber Flüchtlingen groß ist Mit Kritikern im Dialog bleiben Bedford Strohm hat von Anfang an dafür geworben dass sich nicht nur die evangeli sche Kirche sondern ein breites gesellschaftliches Bündnis für ein weiteres Seenotret tungsschiff auf dem Mittelmeer einsetzt Es ist ein zukunftsweisendes Zeichen wenn sich die evangelische Kirche gemeinsam mit vielen andere Partnern mit einer Nicht regierungsorganisation wie Sea Watch zusammen tut Junge Menschen reagierten ungeheuer positiv auf die Aktivitäten des Bündnisses United4Rescue Natürlich gibt es Kritiker an einem kirchlichen Rettungsschiff mit denen ich das Gespräch suche Bedford Strohm scheut sich nicht vor Diskussionen plädiert für Klarheit wie für Dia logbereitschaft Ein Balanceakt wie er betont Denn wir müssen eindeutig Flagge zeigen dass Rassismus und christlicher Glaube ein absoluter Widerspruch sind Es gibt auch Rückmeldungen die den EKD Ratsvorsitzenden ratlos machen Manche Äußerungen stecken so voller Menschenverachtung und Hass dass Diskutieren nicht mehr möglich ist Weil sich viele dieser Menschen vor allem aus rechtsradikalen Inter netblasen informieren stößt man mit sachlichen Argumenten bei ihnen auf Granit Wer das kirchliche Engagement für die Seenotrettung kritisiere gehöre jedoch nicht automatisch in die rechtsradikale Ecke Es muss möglich sein Fragen und Ängste zu äußern denn es gibt Kritik mit der wir uns auseinandersetzen können und soll ten Oft helfen Informationen weiter zum Beispiel dass Libyen kein Land ist in das man Menschen zurückschicken darf Denn dort werden Menschenrechte mit Füßen getreten Solche Gespräche führen zumindest zu Nachdenklichkeit Auch wenn sich in der europäischen Flüchtlingspolitik derzeit nichts bewegt der EKD Ratsvorsitzende gibt die Hoffnung nicht auf Natürlich treibt mich mein Glaube dabei an er gibt mir Kraft und stellt nicht nur moralische Forderungen Mich beunruhigt es jedenfalls wenn ich ernstnehme was Jesus sagt Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern das habt ihr mir getan Und ich frage mich Was wenn uns wirk lich Christus in den Menschen begegnet die unter schlimmen Bedingungen in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln festgehalten werden Corona zeigt was im Leben wirklich wichtig ist Corona sei für viele Menschen ein Anlass über die Verletzlichkeit des Lebens nachzu denken Wir erfahren neu dass wir nicht alles beherrschen und kontrollieren können Was im Leben wirklich wichtig ist und wie wir künftig zusammenleben wollen diese Fragen hat Corona ganz nach vorne gebracht Die Dankbarkeit für die kleinen Dinge und unser Miteinander geben uns Kraft nicht der volle Geldbeutel Gerade jetzt wo wir Abstand halten müssen sehnen wir uns nach Nähe und Kontakt Das kann uns einen Schub geben auch zukünftig besser aufeinander zu achten Landesbischof Heinrich Bedford Strohm Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland

Vorschau bkz Oktober 2020 Seite 3
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