22 bremer kirchenzeitung Dezember 2021 kirche bremen de bremer kirchenzeitung Was bewegt Sie persön lich sich seit Jahren konsequent gegen Antise mitismus zu engagieren Norbert Lammert Dafür gibt es eine geschichtliche und eine ganz persönliche auch emotionale Motivation Ich bin glücklicherweise schon in meiner Schulzeit durch eine gute historische Bildung sensibilisiert worden Jedes Land hat seine Geschichte so wie jeder Mensch seine Biografi e hat aus der wir nicht aussteigen können Gerade wenn man einen unangenehmen Teil seiner Lebensgeschichte nicht mehr wahr haben will ist er deswegen nicht getilgt Persönlich emotional zählt mein erster Besuch als Bun destagspräsident in Israel zu meinen eindrucksvollsten tiefsten und nachhaltigsten Erfahrungen der 40 Jahre die ich im Deutschen Bundestag war Dass ich vor dem israelischen Parlament mit militärischen Ehren begrüßt die deutsche Nationalhymne dort gespielt werden würde hat mich sehr berührt Wenn das Verhältnis zwi schen Deutschland und Israel nach allem was Deutsche Jüdinnen und Juden angetan haben heute so ist dann ist fast alles möglich wenn man es denn will Dennoch nehmen antisemitische Angriffe in Deutschland zu und Anschläge wie der auf die Synagoge in Halle 2019 die man nicht für mög lich gehalten hätte sind schreckliche Realität Antisemitismus existiert nicht nur das Problem ist hartnäckig und tritt mittlerweile wieder deutlicher zu Tage als zwischenzeitlich Das gehört leider zu den Rea litäten auch moderner aufgeklärter und vermeintlich liberaler Gesellschaften Antisemitismus ist nirgends auf der Welt erträglich schon gar nicht in Deutschland Wo würden Sie denn bei der Ursachenbekämp fung ansetzen Wie wichtig historische Bildung ist wird unterschätzt In welchem Schulfach dies geschieht oder ob es fächerübergreifend vermittelt werden muss ist für mich zweitrangig Ohne geschichtliche Bildung lernen junge Menschen keinen souveränen Umgang mit sich selbst unserem Land seinen Prägungen und Erfah rungen Ohne unsere Geschichte genau zu kennen kann keine Haltung entstehen Wie lassen sich denn Kenntnisse über das Judentum und seine Geschichte in Deutschland vermitteln Der Beitrag jüdischen Lebens in Deutschland ist älter als der deutsche Staat Judentum nur auf eine Opferrolle den Holocaust und den Antisemitismus zu reduzieren ist eine unzulässige Verkürzung Wir müs sen den überragenden Beitrag jüdischer Gelehrter Wissenschaftler Künstler und Kaufl eute zur gesell schaftlichen Entwicklung über 1 700 Jahre hinweg aktiv vermitteln Die Bedeutung jüdischen Lebens in Deutschland muss nachhaltiger in den Blick kommen Antisemitismus existiert nicht nur das Problem ist hartnäckig Wir können aus unserer Geschichte nicht aussteigen Norbert Lammert spricht in Bremen über jüdisches Leben in Deutschland und den Antisemitismus

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