kirche bremen de bremer kirchenzeitung Dezember 2021 9 Helden nicht erst feiern und dann weiter mit Ressourcenknappheit bestrafen Thomas Rothe Krankenhausseelsorger im DIAKO Zu Weihnachten sind die Patientinnen und Patienten im Krankenhaus die vorher nicht entlassen werden können weil sie schwer erkrankt oder akute Notfälle sind Deren Stimmung erleben meine Kolleginnen und ich am Heiligabend als angerührt aber nicht als depressiv Sie sind tapfer niemand klagt aber natürlich sind sie trau rig weil sie nicht mit ihren Liebsten Weihnachten zu Hause feiern können Dass sie sich so wacker schlagen zeigt wie anpassungsfähig wir Menschen an Situationen sind die wir eigentlich nicht haben wollen Ich höre oft dass Patienten dankbar sind dass hier auch an Weihnachten Menschen arbeiten und sich um sie küm mern Niemand ist im Krankenhaus alleine anders als viele Menschen zu Hause Die Mitarbeitenden erlebe ich obwohl sie Weihnachten Dienst haben nie schlecht gelaunt im Gegenteil Wir fragen nach wer ein offenes Ohr gebrauchen kann Weihnachten ist ein emotionales Fest egal ob die Menschen es christlich feiern oder nicht Da kommen Gefühle hoch wenn man schwer krank ist oder es vielleicht das letzte Weihnachten sein könnte Unser Heiligabend Gottesdienst in Kurzformat hier auf dem großen Flur des Wartebereichs wird coronabedingt vielleicht auch in diesem Jahr ausfallen müssen das entscheiden wir kurzfristig Als Seelsorger sind wir stattdessen auf den Stationen unterwegs Wir verteilen an Mitarbeitende und Patientinnen selbstgebastelte Strohengel die eine Diakonisse aus dem benachbar ten Mutterhaus für uns herstellt Dort fragen wir auch nach wer sich über einen Besuch freuen würde ein offenes Ohr und Zuspruch gebrauchen kann Nach Weih nachten bin ich dann immer erstaunt wo überall an Nachtschränken Lampen oder Betten die Strohengel hängen Dieses kleine Zeichen der Verbundenheit rührt die Menschen tatsächlich an weil es zeigt An Weihnachten ist zumindest im Kran kenhaus niemand allein und vergessen Wir kommen nur gemeinsam durch die Pandemie Corona hat das Krankenhaus auf den Kopf gestellt das ist für die Mitarbeitenden eine Herausforderung die sie aber mit Professionalität und großem Zusammen halt stemmen Die Pfl ege von Coronapatienten ist unglaublich anstrengend die Beatmung aufgrund der geschädigten Lunge viel aufwändiger als nach einer OP Dazu kommt die Belastung dass Patienten oft auch nicht durchkommen Das ist kräftezehrend vor allem weil die Mitarbeitenden in der Pfl ege oft nicht nur bis an ihre Grenzen sondern darüber hinaus arbeiten Hinzu kommt Diese schweren Ver läufe wären vermeidbar gewesen hätten sich die Menschen impfen lassen Natür lich werden sie professionell und menschlich zugewandt versorgt aber der Frust nimmt zu Mein Wunsch nicht nur zu Weihnachten wäre dass sich die die sich der Impfung verweigern und kein Vertrauen in Medizin Wissenschaft Medien und den Staat haben von rationalen Argumenten erreichen lassen und solidarisch sind Wir kommen nur gemeinsam durch die Pandemie nicht mit Spaltung durch Imfpgegner und Coronaleugner Andere anzustecken und ihnen das zum Beispiel beim Herzin farkt oder Unfällen benötigte Intensivbett wegzunehmen geht gar nicht Ich fi nde man darf pfl egerisch medizinische Dienste nicht erst als Helden feiern und dann weiter mit Ressourcenknappheit und mangelnder Solidarität bestrafen Interview Matthias Dembski Fotos Ingo Hartel Panthermedia Krankenhausseelsorger Thomas Rothe fragt nach wer sich über einen Besuch freuen würde im Krankenhaus

Vorschau bkz Weihnachten 2021 Seite 9
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