Hoffnungen und Ängste

Streitfall Organspende

Moses lebt mit Nieren "Müller" und "Robben"

Das Stichwort: Organspende

Organe dürfen in Deutschland derzeit postmortal, also nach dem Tod, nur dann transplantiert werden, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind: Zum einen müssen Ärzte den sogenannten Hirntod des Spenders festgestellt haben. Das bedeutet, dass die Funktionsfähigkeit des Gehirns für immer verloren ist. Zum anderen muss das Herz- Kreislauf-System des Verstorbenen mithilfe intensivmedizinischer Maßnahmen aufrechterhalten werden. Andernfalls würden seine Organe mangels Sauerstoff schnell Schaden leiden.

Zustimmung erforderlich

Außerdem muss der Verstorbene der Organentnahme in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung zugestimmt haben. Wenn die Entscheidung nicht dokumentiert ist, fragen die Ärzte die Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen der Person. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ruft dazu auf, die Entscheidung für oder gegen die Organspende rechtzeitig mit einem Organspendeausweis festzuhalten.

Der Spendende muss zuvor sehr genau untersucht worden sein, um die gesundheitlichen Risiken für Empfänger zu verringern. Ein Team aus der Klinik des möglichen Empfängers fliegt zum Spendenden. Zu diesem Zeitpunkt ist unsicher, ob es zu einer Organspende kommen wird. In zehn bis zwanzig Prozent der Fälle sei das zu spendende Organ nämlich nicht transplantabel, sagt Medizinprofessor René Schramm. „Erst wenn der entnehmende Chirurg vor Ort zustimmt, springt die Ampel auf Grün.“

Die Organe des Hirntoten werden unter den gleichen Bedingungen wie bei anderen Operationen entnommen. Danach steigen die Ärzte mit den Organen in einer Transportbox erneut in den Flieger. Währenddessen wird der Empfänger für die Operation vorbereitet, sodass nach der Ankunft direkt das Einsetzen beginnen kann.

Zahl der Organspenden ist zurückgegangen

Deutschlandweit ist die Zahl der Organspender nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation 2022 zurückgegangen - auf 869 Spender im Vergleich zu 933 im Jahr 2021. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte als Reaktion angekündigt, einen neuen Anlauf für die Einführung einer Widerspruchsregelung beim Thema Organspende starten zu wollen. Bei einer solchen Regelung würden Menschen automatisch als Organspender gelten - außer, sie haben zu Lebzeiten widersprochen. Der Bundestag hatte eine solche Widerspruchslösung 2020 abgelehnt.

Kritiker beklagen unter anderem eine fehlende Aufklärung von Angehörigen darüber, dass sie die Sterbenden nicht bis zur letzten Minute begleiten könnten. Sie fordern deshalb, dass Organe und Gewebe nur entnommen werden können, wenn die Verstorbenen dem zu Lebzeiten explizit zugestimmt haben. Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation sind finanzielle Anreize für Krankenhäuser im Hinblick auf Organspenden ausgeschlossen. Mediziner seien verpflichtet, Leben zu retten - erst wenn dies aussichtslos erscheine, könnten Hirntote theoretisch zu Spendern werden.

Quelle: epd

Die Meinung

„Die Widerspruchslösung empfinde ich als Holzhammer-Methode. Auch der tote Mensch hat eine Würde und das Grundrecht auf einen unversehrten Körper. Das darf nicht infrage gestellt werden, nur weil er - aus welchem Grund auch immer – nicht widersprochen hat.

So ein Zweckdenken im Umgang mit Toten und Sterbenden
entspricht nicht meinem christlichen Menschenbild.

Was geschieht mit den Menschen, die das nicht verstehen oder emotional nicht verkraften? Oder mit den ganz jungen Menschen, die unerwartet versterben, bevor sie sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben? Wird dann automatisch zum Organlieferanten, wer nicht rechtzeitig in der Lage war zu widersprechen? So ein Zweckdenken im Umgang mit Toten und Sterbenden entspricht nicht meinem christlichen Menschenbild.

Menschen aktiv ansprechen und sie informieren

Deshalb bin ich dafür, dass es bei der Zustimmung bleibt. Aber wir müssen die Menschen aktiv ansprechen und sie informieren. Das Für und Wider um das ethische Thema Organspende gehört auch in den Schulunterricht. Und wir müssen Hausärzte ausreichend honorieren, wenn sie sich Zeit für das Beratungs-Gespräch mit den Patienten nehmen.

Pastor Dr. Bernd Kuschnerus
Schriftführer