Dienstag, 12. August 2025

Dr. Carsten Schlepper zum neuen Kita-Jahr: "Sprachbildung ist eine gesellschaftliche Aufgabe"

Frühe Sprachbildung ist die beste Prävention, denn wer sich sprachlich ausdrücken kann, hat bessere Chancen auf Bildung, soziale Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben. Kitas der BEK verstehen Sprachbildung deshalb als zentralen Bildungsauftrag: Alle Kinder – unabhängig von Herkunft, Alter oder Vorerfahrungen – werden im Erwerb der deutschen Sprache unterstützt und begleitet.

In den Kitas der Bremischen Evangelischen Kirche wird seit vielen Jahren ein integrierter Ansatz der Sprachbildung und Sprachförderung umgesetzt. Alltagsintegrierte Elemente sind wesentliche Bestandteile des pädagogischen Konzeptes und werden schon bei den Jüngsten in der Krippe eingesetzt. Damit sich Sprache entwickeln kann, brauchen Kinder Anregungen. Weil sie viel Zeit in der Kita verbringen, müssen dort gezielte Impulse gesetzt werden. Ohne eine gut ausgestattete frühkindliche Bildung – auch im Bereich der Sprachförderung – ist der spätere schulische Bildungsweg deutlich erschwert.

“Haben Kindern keine ausreichenden sprachlichen Kompetenzen, ist nicht nur ihre kognitive, sondern auch ihre sozial-emotionale Entwicklung gefährdet, weil sie sich nicht angemessen mitteilen können. Ein Teufelskreis: Wem die Wörter fehlen, der kann keine verständlichen Sätze formulieren und hat wenig Freude, zu sprechen. Die Kommunikation nimmt ab, statt miteinander ins Gespräch zu kommen”, betont Dr. Carsten Schlepper, Leiter des Landesverbandes Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder anlässlich des neuen Kita-Jahres, das in diesen Tagen beginnt.

Eine dialogorientierte Sprachförderung erfordert, dass Fachkräfte auch ausreichend Zeit für eine 1:1- oder Kleingruppenförderung haben. Ist die Personaldecke dünn und mangelt es an qualifizierten Sprachförderkräften, findet diese Einzelförderung nicht ausreichend statt.

“Der Landesverband Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder betrachtet es kritisch, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen für Sprachbildung und Sprachförderung in Bremen anteilig aus den Bundesmitteln des Kita-Qualitätsgesetzes finanziert werden müssen und nicht im erforderlichen Umfang verstetigt in der Kita-Finanzierung enthalten sind. Als projektbezogener Festbetrag wird diese Ressource den Trägern befristet ausgezahlt. Tarifbedingte Personalkostensteigerung werden nicht angepasst. Somit sind die Träger gezwungen, sukzessive das Leistungsangebot zu senken, um die Kostensteigerungen zu kompensieren”,

 

kritisiert Dr. Carsten Schlepper. Sprachbildung und Sprachförderung sollte nach seiner Auffassung als wesentlicher Bestandteil des Angebotes in der Kindertagesbetreuung verankert sein. 

“Mit einer Projektfinanzierung werden die Träger von Jahr zu Jahr mit der Unsicherheit konfrontiert, die Verträge der Fachkräfte für diese Aufgaben zu befristen. Das muss sich ändern, um die Infrastruktur im erforderlichen Umfang auszubauen und nachhaltige Verbesserungen für die Sprachkompetenz aller Kinder zu erreichen.  Hier ist die bremische Politik ebenso wie die Bundespolitik gefordert!”,

so Carsten Schlepper.

Sprachbildung und Sprachförderung mit “Sprach-Kita 2.0” in den Kitas der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) ist die Fortsetzung der Kombination aus dem Bundesprogramm der Sprach-Kitas, alltagsintegrierter Sprachförderung und zusätzlichen Fördergruppen.

Dabei setzt die BEK darauf, die Ressourcen entsprechend dem Bedarf einzubringen. An 13 Standorten sind qualifizierte Spracherzieher:innen eingesetzt und unterstützen die Fachkräfte im Gruppendienst, weil in diesen Kitas viele Kinder einen erhöhten Förderbedarf haben.

Für die anderen Kitas der BEK bietet die Fachberatung im Landesverband zentral Qualifizierungen für die Fachkräfte und Inhouse-Schulungen für Kita-Teams an, um Sprachbildung und Sprachförderung als integralen Bestandteil des pädagogischen Konzeptes laufend zu verbessern. In allen Kitas der BEK sind zusätzlich Fördergruppen eingerichtet entsprechend der Anzahl von Kindern mit Förderbedarf.

“Unsere Kitas verstehen Sprachbildung als zentralen Bildungsauftrag: Alle Kinder – unabhängig von Herkunft, Alter oder Vorerfahrungen – werden im Erwerb der deutschen Sprache unterstützt und begleitet.”
 

 

Zum Hintergrund:

Der Anteil von Kindern und Jugendlichen, denen ausreichend sprachliche Kompetenzen fehlen, wird immer wieder beklagt – und das Problem wächst. In Bremen kann fast jedes zweite Kind am Ende der Kindergartenzeit nicht ausreichend Deutsch sprechen.

Dabei unterscheiden sich die Ergebnisse sehr mit Blick auf Herkunft und der sozioökonomischen Lebenslage der Kinder. Während in Gröpelingen, Blumenthal oder Huchting mehr als zwei Drittel aller Kinder im Übergang Kita-Schule nicht ausreichend Deutsch sprechen können, sind es in Borgfeld, Schwachhausen oder Oberneuland unter zehn Prozent. (PRIMO-Sprachtest)

Auch später setzt sich das Problem fort: Nach dem aktuellen Barmer-Kinderatlas haben 11,39 Prozent der Sechs- bis Zwölfjährigen in Bremen eine Sprachentwicklungsstörung. Das sind 4.400 Kinder, Tendenz steigend. 2006 waren laut Barmer 2.700 Kinder betroffen.

Eine im Juni vorgestellte Studie der Kaufmännische Krankenkasse (KKH) bezeichnet die Zunahme von Sprach- und Sprechstörungen bei Heranwachsenden als „alarmierend“: „Demnach stieg der Anteil der Sechs- bis 18-Jährigen mit Sprach- und Sprechstörungen von 2008 auf 2023 um rund 77 Prozent. Bundesweit waren 8,6 Prozent der Heranwachsenden in 2023 betroffen, sprich etwa jedes 15. Mädchen und jeder zehnte Junge. Bei den Sechs- bis Zehnjährigen litt sogar rund jedes sechste Kind unter behandlungsbedürftigen Sprachdefiziten wie Problemen bei der Laut- und Satzbildung, begrenztem Vokabular oder auch Grammatikschwächen.“

43 Prozent aller Kita-Kinder in Bremen sprechen zu Hause überwiegend eine andere Sprache als Deutsch. Bremen liegt damit an der Spitze der Statistik.

 

Ausbau von Plätzen: Zusammenarbeit mit Investoren

Neue Kita Krachmacherstraße der Evangelischen Gemeinde Aumund-Vegesack

Sehr kurzfristig und erfolgreich ist das erste Vorhaben in der BEK mit einem Investor umgesetzt worden. In sechs Gruppen werden ab diesem Kindergartenjahr 90 Kinder in der neuen Kita in Vegesack betreut und gefördert. Die Kirchengemeinde übernimmt damit die Trägerschaft für eine zweite Einrichtung. Die Kita Jaburg ist schon seit Jahrzehnten eine Institution im Stadtteil. Die Habona Invest Gruppe aus Frankfurt engagiert sich in der Finanzierung zum Ausbau von Kindertageseinrichtungen. Auf der Suche nach einem Träger war erst im Herbst letzten Jahres die Kooperation mit der BEK angebahnt und die Trägerschaft der Gemeinde Aumund-Vegesack beschlossen worden.

Weitere Projekte

... in Umsetzung:

  • Kita in Blumenthal – Investorenprojekt (Neubau mit 6 Gruppen)
  • Kita Hemelingen – Investorenprojekt (Neubau mit 6 Gruppen)

... in Planung:

  • Kita in Huchting – Investorenprojekt (Neubau mit 6 Gruppen)
  • Kita Osterdeich – Investorenprojekt (Neubau mit 4 Gruppen)


Wir bilden aus: Arbeiten in der Kita

In diesem Kindergartenjahr sind voraussichtlich 93 Auszubildende in den Kitas der Bremischen Evangelischen Kirche:

  • 30 von ihnen absolvieren nach der grundständigen Ausbildung zur Erzieher:in das Anerkennungsjahr oder Berufseinstiegsjahr bei uns.
  • Weitere 30 sind in drei Ausbildungsjahrgängen in der praxisintegrierten Ausbildung an drei Tagen in der Kita und an zwei Tagen in der Fachschule. Diese Auszubildenden erhalten eine tarifgerechte Vergütung.
  • 31 Mitarbeitende befinden sich berufsbegleitend in der Ausbildung zur Erzieher:in. Neben dem Einsatz als pädagogisch-pflegerische Fachkraft oder Assistenzkraft absolvieren sie in zwei Jahren die Ausbildung. Die Ausbildungszeit wird als Arbeitszeit ausgewiesen.

20 dieser Ausbildungsplätze finanziert die BEK aus eigenen Mitteln. 
Zudem finanziert die BEK zwei Studierenden das duale Hochschulstudium Sozialmanagement an der IU Bremen.

Im Rahmen berufsbegleitender Qualifizierungen sind laufend bis zu 20 Mitarbeitende in Maßnahmen zur „Perspektive Leitung“. Sie qualifizieren sich als zukünftige Leitungen in Weiterbildungen und in Studiengängen, die durch die BEK anteilig finanziert werden.

Mit zwei umfänglichen Zusatzausbildungen qualifiziert der Landesverband pädagogische Fachkräfte zur Facherzieher:in. Es sind die einschlägigen Weiterbildungen „Religionspädagogik“ und „Inklusive Pädagogik“, mit deren Abschluss die Mitarbeitende eine tarifgerechte höhere Vergütung erhalten.

 

Aktuelle Zahlen & Fakten: Wir sind der größte freie Träger

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) ist der größte freie Träger von Kindertageseinrichtungen in Bremen. Weiterbildung der Mitarbeitenden sowie Qualitätsentwicklung werden groß geschrieben. Jede Kita ist einer Gemeinde der BEK angeschlossen. Das wird von Familien sehr geschätzt, die möchten, dass ihre Kinder Religion und Glauben interkulturell kennenlernen.

Die Kitas sind in eigenen Gebäuden untergebracht. Damit unterhält die BEK eine umfangreiche Infrastruktur in modernen, teils neu gebauten, teils grundsanierten Kita-Gebäuden (mehr als 40.000 qm), die zum größten Teil aus  Kirchensteuermitteln finanziert worden ist.

  • 65 Kita-Standorte

  •  47 Kita-Standorte mit Krippe

  • 30 Standorte mit Plätzen für Kinder mit Behinderungen

  • 4 Standorte mit Hort-Plätzen

  • 760 Krippenplätze (0-3 Jahre)

  • 3.620 Kita-Plätze (3-6 Jahre)

  • 100 Hortplätze (Grundschulkinder)

  • Mittagsverpflegung an allen Standorten:
    40 Vollküchen
    25 Verteilerküchen

  • 4.500 Plätze insgesamt

  • 1.500 Mitarbeitende

  • 85 Mio. Euro Haushaltsvolumen

  • davon 4,93 Mio. Euro Zuschuss aus Kirchensteuermitteln

 

Die komplette Medienmappe mit allen Informationen zum Konzept der Sprachförderung in den evangelischen Kitas in Bremen finden Sie hier.