Montag, 03. Januar 2022

Ein Jahr Bremer Friedensbeauftragter - Jasper von Legat zieht Zwischenbilanz

Vor einem Jahr wurden Pastor Jasper von Legat und Pastor Andreas Hamburg Friedensbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche. In dieser Funktion beobachten sie Krieg und Frieden in der Welt und entwickeln Ideen für kirchliche Friedensbildung. Zwölf Monate im Amt, da ist eine erste Zwischenbilanz angebracht.

Jasper von Legat und sein Kollege sind Ansprechpartner für alle friedenstheologischen und -politischen Fragestellungen innerhalb der Bremischen Evangelischen Kirche. Sie beraten und vernetzen die Gemeinden und Einrichtungen zu diesen Themen und arbeiten überregional mit derEvangelischen Friedensarbeit zusammen.

Vor allem Jasper von Legat ist in Bremen das Gesicht nach außen und meldet sich zu friedenspolitischen Themen in der Öffentlichkeit zu Wort. Dabei geht es ebenso um Kriege und Aufrüstung wie um konkrete Aspekte des inneren Friedens in unserer Gesellschaft. Und er arbeitet eng mit seinem Kollegen, Pastor Andreas Hamburg, zusammen, um die Erinnerungsarbeit und die interreligiöse Verständigung in Bremen voranzutreiben.

“Aufgabe unserer Kirche ist es, nicht still zu sein, wenn wir Ungerechtigkeiten sehen oder Krieg, über den sich keiner empört", so von Legat. "Wir dürfen nicht still sein, wenn Menschen aufgrund Ihrer Religion oder ihrer politischen Haltung beleidigt, diffamiert oder angegriffen werden.“

Mit Sorge betrachtet er deshalb auch die Zunahme von völkischen und rassistischen Denkstrukturen in allen Gesellschaftsbereichen. "Wenn ich auf den Demos der Verschwörungs-Anhänger  höre, wie sie 'Ein Baum, ein Strick, ein Pressegenick' skandieren, dann erlebe ich eine Geisteshaltung, die auch den Faschismus in Deutschland ermöglicht hat und der dringend Einhalt geboten werden muss."

In den letzten zwölf Monaten haben ihn aber auch globale Themen von Krieg und Frieden beschäftigt. "Ich bin enttäuscht, dass die neue Bundesregierung sich im Koalitionsvertrag nicht entschieden gegen den Einsatz von Kampfdrohnen ausgesprochen hat. Vielmehr heißt es dort, sie dienten dem Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. Die Evangelische Friedensarbeit lehnt Kampfdrohnen sowohl aus ethischen als auch sicherheitspolitischen Gründen ab. Die Hemmschwelle, einen tödlichen Einsatz zu befehlen, sinkt, und sie sind ein weiterer Schritt in Richtung automatisierter Kriege. Drohnen tragen dazu bei Konflikte zu eskalieren und zu destabilisieren, anstatt sie zu entschärfen."

Auch den Anstieg der weltweiten Rüstungsproduktion und den provozierenden Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine findet von Legat besorgniserregend. "Europa und die USA müssen wirklich aufpassen. Viel zu schnell entsteht eine Spirale der Gewalt. Und dann heißt es: Angriff sei die beste Verteidigung. Das Ende vom Lied sind dann Kriege und Auslandseinsätze. Und wohin das führt, sehen wir ja in Syrien, Afghanistan oder Mali. Deshalb fordert die Evangelische Friedensarbeit, dass mehr Geld in zivile Konfliktlösung investiert wird, auch in Deutschland, um Friedensbildung und soziale Kompetenzen zu stärken."

Jasper von Legat stammt aus Bremen und ist im Viertel aufgewachsen. Er ist heute Pastor der dortigen  Friedensgemeinde. Andreas Hamburg stammt aus Ukraine und wanderte mit 21 Jahren in die Bundesrepublik ein. Als Auslandspfarrer in Charkow und Odessa war er aktiv an der Versöhnungsarbeit beteiligt. Er ist Pastor der Gemeinde St. Markus.