Donnerstag, 08. Mai 2025

Friedensgebet: Gedenken an das Kriegsende 1945 auf dem Osterholzer Friedhof

Pastor Andreas Hamburg, einer der beiden Friedensbeauftragten der Bremischen Evangelischen Kirche, hat heute bei der Gedenkandacht auf dem Osterholzer Friedhof anlässlich des #Befreiungstages folgende Andacht gehalten:

Gedenkandacht zum 8. Mai 1945 auf der Ehrenanlage für KZ-Opfer und deutsche Soldaten (Feld K).

Bis auf wenige Besucher war ich allein.

Und doch stimmt das nicht. Unsichtbar waren Menschen anwesend – die, die auf diesem Teil des Friedhofs beerdigt sind: 1.350 KZ-Häftlinge, 625 Soldaten, eine Krankenschwester des Roten Kreuzes.

Was hätten sie gesagt – zu dieser Feier des 8. Mai?

Wir wissen, wie kostbar Frieden ist. Wir wissen, wie zerbrechlich Menschlichkeit sein kann, wenn Hass laut wird und Mitgefühl schweigt. Wir waren Opfer eines Systems, das Menschen entmenschlichte – in Lagern, in Uniformen, in Befehlen. Wir haben geschwiegen, geschrien, gebetet, gehofft. Und wir sind gestorben. Zu viele von uns – sinnlos, namenlos, vergessen.

 

Ich glaube, sie hätten uns aufgefordert, nicht den Tag des Sieges zu feiern, sondern den Frieden. Nicht den Sieg mit Paraden, militärischer Präsenz, Raketen, Kanonen und Panzern, die durch Städte rollen. So wird der Frieden nie kommen.

Im Gegenteil – es ist eine Zurschaustellung von Macht und die Fortsetzung der Kriegstreiberei, die in Parolen mündet, die leider viel zu oft zu hören sind: „Wir können es wiederholen.“ (eine Narrative der russischen Medien)

Das ist eine Perversion des Friedens und ein Missbrauch der Geschichte – und all ihrer Opfer. Denen möchte ich zuhören, wenn sie sagen: Vergesst uns nicht. Nicht, um in Trauer zu erstarren, sondern um hellwach zu bleiben.

Wacht auf, wenn Sprache wieder trennt, statt verbindet. Widersprecht, wenn Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Hebt eure Stimmen, wo andere sie verloren haben. Schützt die, die angegriffen und getötet werden. Sucht den Frieden. 

 

Wenn solche Worte unsere Herzen erreichen, dann ist der 8. Mai nicht nur das Ende eines Krieges. Er ist ein Anfang. Ein Auftrag. Ein Erinnern an die größte Sehnsucht der Menschen, die unter dem Panzer der Macht und Rechthaberei begraben liegt:

Die Sehnsucht, im Frieden leben zu können.

Aus dieser Erinnerung kommt der Wunsch nach Versöhnung.

Sie lebt – und sie ist möglich.

Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen – auf Soldatenfriedhöfen in der Ukraine, wo Veteranen der Wehrmacht und der Roten Armee gemeinsam der Opfer gedachten. Das sind Momente, in denen spürbar wird, was es heißt, Frieden zu leben. Nicht mit großen Worten und Machtdemonstrationen auf Militärparaden, sondern mit stillem Gedenken und ehrlicher Umarmung.

Gerade da bin ich als Christ dem Frieden nah, von dem Jesus Christus sprach und den er lebte. Bei ihm – und mit ihm – beginnt der wahre Frieden.

Amen.