Montag, 25. August 2025
Starke Solidarität mit der Ukraine: Gemeinsamer Besuch in Odessa
Bürgermeister Andreas Bovenschulte, Roland Speidel von der Stiftung Solidarität Ukraine und Pastor Andreas Hamburg, Friedensbeauftragter der Bremischen Evangelischen Kirche, haben am vergangenen Freitag Bremens Partnerstadt Odessa besucht.
Für Pastor Andreas Hamburg, der die Ukraine jährlich besucht und dort aufgewachsen ist, hat sich in der Stimmung der Menschen, die unter dem russischen Angriffskrieg leiden, nichts geändert:
“Ich bin erstaunt, dass nach wie vor keine große Veränderung in der Stimmungslage und dem Umgang der Menschen mit dem russischen Angriffskrieg festzustellen ist. Natürlich ist eine große Portion Verzweiflung dabei. Die Frage, wann das Leiden endlich zu Ende ist, schwingt immer mit. Gleichzeitig begegnen mir immer noch viel Elan, Mut und der Wille, weiterzumachen und zu widerstehen. Die Menschen in der Ukraine schöpfen immer noch die Kräfte, damit ihr alltägliches Leben weiterläuft. Dass sich an der Grundhaltung auch drei Jahre nach dem russischen Überfall nicht allzu viel verändert hat, ist tatsächlich bemerkenswert.”
Dazu trügen, meint Andreas Hamburg, sicherlich die Unterstützungszusagen und die Solidarität der europäischen Staaten bei. “Die moralische und politische Solidarität, aber auch die praktische Hilfe, verschafft den Menschen sicherlich einen Antrieb, weiterzumachen.” Trotzdem hat ihn die Stimmungslage überrascht: “Ich hätte mehr Resignation erwartet, zumal dieser brutale Angriffskrieg schon auf das vierte Jahr zusteuert.”
Der gemeinsame Besuch mit Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte sei ein enorm wichtiges Signal der Wertschätzung und Solidarität gewesen, so Andreas Hamburg. “Die Begegnungen, das Interesse und die Gespräche mit dem Bürgermeister haben die Menschen berührt. Und es war an vielen Stellen, wo Bremer Hilfe angekommen ist, natürlich eine Gelegenheit, Danke zu sagen.”
Die ständigen Luftangriffe, auch auf Odessa, raubten den Menschen die Nachtruhe, berichtet Andreas Hamburg. “Eine kräftezehrende Zermürbungstaktik, die aber nicht aufgeht. Die Menschen leben weiter ihren Alltag.” Politisch gebe es wenig Hoffnung auf Frieden, trotz der Gespräche von US-Präsident Trump mit dem russischen Machthaber in Alaska und danach mit den europäischen Verbündeten in Washington gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. “Die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer halten die weitere Entwicklung für nicht prognostizierbar. Man hofft auf irgendwelche weitergehenden Pläne, die der Ukraine zugute kommen, die aber öffentlich nicht bekannt sind. Da geht es den Ukrainern nicht anders als dem Rest der Welt: Aus dem, was sich da abspielt, etwas Konkretes zu entziffern und sich auf irgendein Szenario einzustellen, ist schwierig bis unmöglich. Das einzige, was den Ukrainern Hoffnung gibt, ist die klare Haltung der Europäer. Sie hoffen, dass Europa, das sicherlich mehr Einfluss auf Amerika hat, als die Ukraine, sich weiter an der Seite der Ukraine einmischt und für die gemeinsamen europäischen Interessen, Freiheit, Frieden und Sicherheit engagiert.”
Auch das verstärkte Interesse der EU-Staaten an der Situation im benachbarten Moldawien sehe man in der Ukraine als Hoffnungszeichen. “Das ist ein Statement, dass man in Moldawien verhindern will, was in der Ukraine leider möglich war, nämlich den politischen Einfluss Russlands im Inneren eines fremden Staates.”
Besonders bewegt hat Andreas Hamburg die Begegnung mit Binnenflüchtlingen:
“Sie sind aus Gebieten geflohen, wo kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Wir haben sie in Petrodolynske besucht und sie haben mir erzählt, dass sie dort eine neue geistige und menschliche Heimat gefunden haben. Sie haben betont, wieviel Kraft sie aus ihrem Glauben schöpfen können und wie er ihnen den Neuanfang in einer völlig neuen Umgebung ermöglicht. Wenn die Integration in einem Dorf, in dessen Gemeinschaft man so leicht oder schwer hineinkommt, wie in Deutschland, gelingt, macht auch das Hoffnung. Dabei hat die Kirche eine ganz wichtige Funktion."
Dank der Unterstützung aus Bremen nimmt die Planung für einen Neubau der Krankenstation in dem knapp 3.000 Einwohner zählenden Dorf nahe der ukrainisch-moldawischen Grenze mittlerweile konkrete Formen an. Die völlig marode Arztpraxis in Petrodolynske wird dank Spenden aus Bremen, auch von der Bremischen Evangelischen Kirche, in Kürze durch moderne Containerbauten ersetzt. Das Grundstück ist bereits für den Aufbau vorbereitet, in Kürze werden die Container bestellt und noch in diesem Winter aufgestellt.
“Wir sammeln weiter Spenden und rufen insbesondere Ärztinnen und Ärzte hier in Deutschland auf, die medizinische Geräte oder Behandlungszimmer-Ausstattungen erneuern oder ihre Praxis aufgeben, diese zu spenden. Benötigt wird wirklich alles, vom Anmeldetresen bis zum Zahnbehandlungsstuhl. Wir holen Geräte und Mobiliar ab und sorgen für den Transport in die Ukraine.”
Geldspenden sind ebenfalls willkommen:
Ev. Markus-Gemeinde Bremen
IBAN: DE46 2905 0101 0001 0578 68 bei der Sparkasse Bremen (SWIFT-/BIC-Code: SBREDE22XXX)
Betreff: Krankenstation Petrodolynske
Außerdem läuft die Aktion “Fass Hoffnung” weiter, zahlreiche mit Hoffnungszeichen wie Süßigkeiten und anderen kleinen Geschenken gefüllte Kunststofffässer konnten bereits in den vom Angriffskrieg besonders betroffenen Frontgebieten verteilt werden.
Hintergrund: Zwischenbilanz der Bremer Hilfe
Aufgrund der Kontakte von BEK-Pastor Andreas Hamburg, der aus der Ukraine stammt, konnte die Hilfe gleich nach Beginn des Angriffskrieges anlaufen. Am 26. August 2025 geht der 138. LKW mit Hilfsgütern aus Bremen auf die Reise in die Ukraine. Unter den bisher beförderten Gütern waren ganze Einrichtungen für Kitas, Krankenhäuser und Altenheime, Ausstattung von Zahnarztpraxen, Röntgen- und Ultraschallgeräte, Intensivbetten, Rollstühle und Rollatoren. Auch Generatoren zur Stromerzeugung, Wärmezelte und Feldküchen wurden dank der großen Unterstützung durch das Unternehmen Buhlmann in die Ukraine transportiert.
Die Geld- und Sachspenden der Bremerinnen und Bremer, der Stadt Bremen, der Stiftung Solidarität Ukraine oder der Bremischen Evangelischen Kirche werden in Bremen gesammelt und von hier aus funktioniert die Logistik. In der Ukraine gibt es inzwischen die NGO „Bremen Ukraine Help“ vor Ort und ein großes vom Unternehmen Buhlmann finanziertes Verteilzentrum. Bei der Ukrainehilfe aus Bremen ziehen alle solidarisch an einem Strang.
In diesem Sommer wurde u.a. ein Sommercamp für besonders vom Angriffskrieg betroffene Kinder aus der umkämpften Stadt Cherson in der Ostukraine organisiert und finanziert.
Foto: Senatspressestelle Bremen
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