Freitag, 12. Januar 2024

TelefonSeelsorge: Finanzielle und existenzielle Ängste boomen

Weihnachtsfest und Jahreswechsel führten zu Hochbetrieb bei der TelefonSeelsorge: Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten machen den Menschen ebenso Sorgen wie steigende Lebenshaltungskosten und ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit.

In kaum einem anderen Bereich waren die Belastungen und der Kummer im vergangenen Jahr so deutlich erkennbar wie bei der TelefonSeelsorge. Rund um die Uhr, 365 Tage pro Jahr, ist sie kostenlos erreichbar. Zum Jahreswechsel hat der Leiter der Bremer TelefonSeelsorge, Pastor Peter Brockmann, Bilanz gezogen und die Statistik 2023 vorgelegt: Bis Jahresende waren es in Bremen 13.339 Telefonate. Das sind fast 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Telefonate bleibt auch nach Abklingen der Corona-Pandemie weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.

Top-Thema ist Einsamkeit und Isolation mit 21,8 Prozent der Anrufe. Das ist auch nicht überraschend, sind doch 7.059 und damit 64,1 Prozent aller Anrufenden alleinlebend. Dicht gefolgt wird dieses Thema von Gesprächen über körperliches Befinden mit 20,6 Prozent und depressive Stimmung der Anrufenden mit 15,5 Prozent. 3.370 Anrufende und damit 30,6 Prozent der Anrufenden gaben an, sie würden an einer psychischen Erkrankung leiden. In 928 Gesprächen spielten Suizid-Gedanken eine Rolle. Auch familiäre Beziehungen sind mit 15 Prozent oft Thema. Sonstiges seelisches Befinden, z.B. Stress und Erschöpfung war für 14 Prozent der Anrufenden ein wichtiges Thema.

„Im Austausch mit unseren ehrenamtlich Mitarbeitenden verfolgen wir die gesellschaftlichen Entwicklungen sehr aufmerksam, denn nur wenn wir verstehen, was die Menschen bewegt, können wir flexibel auf die Anliegen der Anruferinnen und Anrufer eingehen“, fasst Leiter Pastor Peter Brockmann, die Herausforderungen für die TelefonSeelsorge zusammen. „Im Vordergrund stehen für die Anrufenden neben dem Kernthema Einsamkeit Gefühle allgemeiner Instabilität durch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten oder den Klimawandel. Auch die wirtschaftlichen Folgen der Inflation verursachen finanzielle oder sogar existenzielle Ängste.“  Gerade bei den Älteren mit geringen Renten und den Alleinerziehenden spielen die explodierenden Preise für Energie und die steigenden Lebenshaltungskosten eine große Rolle. "Wenn dann noch ohnehin vorhandene psychische oder familiäre Probleme hinzukommen oder Konflikte mit den Kindern, dann ist die Not groß“, so Brockmann weiter.

Auch die Ehrenamtlichen der TelefonSeelsorge stehen momentan unter Strom. „Das nehmen wir sehr ernst und geben Ihnen die Möglichkeit, die Geschichten und Nöte hinter den Telefonaten zu besprechen und zu verarbeiten", hebt Peter Brockmann hervor. „Angststörungen und Depressivität bis hin zu Suizidalität erleben die Kolleginnen und Kollegen seit einigen Jahren in bedenklich steigender Intensität. Das geht nicht spurlos an einem vorüber. Darum bieten wir allen Mitarbeitenden regelmäßig Supervision und Austausch an."

Ein ausführliches Interview mit Peter Brockmann können Sie am Sonntag, den 14. Januar ab 10.05 Uhr in der Sendung Der Sonntagmorgen auf Radio Bremen Zwei hören und anschließend auf Soundcloud.

Die TelefonSeelsorge Bremen hat 71 speziell geschulte ehrenamtlich Mitarbeitende, 56 Frauen und 14 Männer. Wer sich hier ehrenamtlich engagieren möchte, kann sich ab sofort unter Telefon 0421/321618 oder  telefonseelsorge[at]kirche-bremen.de zu einem Vorbereitungskurs anmelden.

Unter der Rufnummer 0800-111-0-111 ist die TelefonSeelsorge rund um die Uhr, auch an Feiertagen, erreichbar.

Kontakt

Peter Brockmann

Pastor/Pastorin

peter.brockmann@kirche-bremen.de