10. Dezember 2024
Am Nachmittag wurde in der Bremer ÖVB-Arena der Kirchentag, das Parlament der Bremischen Evangelischen Kirche fortgesetzt. Auf der Tagesordnung stand nun die 1. Lesung zur geplanten neuen Verfassung.
Für den Rechts- und Verfassungsausschuss führte die Juristin Karin Dierks in den im Verlauf der letzten fünf Jahren mehrmals diskutierten und modifizierten Entwurf ein. Sie machte deutlich, dass die Glaubens- Gewissens- und Lehrfreiheit und damit die Autonomie der Gemeinden bewahrt bleiben würde.
Einige Kritiker hoben jedoch hervor, aus Ihrer Sicht müsse der Prozess ganz anders gedacht werden, weil der Entwurf nicht auf die aktuellen Herausforderungen einginge. Der Entwurf von Professor Unruh fuße, so ein Kritiker, auf der Kirchenverfassung der Nordkirche und diese sei bereits mehrere Jahrzehnte alt. Er sei ein „ewig gestriger Entwurf“, der zementieren wolle, was als hierarchische Strukturen im letzten Jahrhundert gedacht wurde.
Schriftführer Bernd Kuschnerus wies diese Kritik zurück. Er sehe in dem vorliegenden Entwurf die Chance, „eine bunte Kirche zu bleiben und sich zugleich als eine einige Kirche zu verstehen“. Es gehe auf jeden Fall um eine Modernisierung. Die bisher geltende knappe Verfassung von 1920 sei nicht mehr zeitgemäß und habe erhebliche Defizite. Es gehe nicht um mehr Macht für eine ominöse Zentrale, sondern gerade darum, „Rechtssicherheit zur Begrenzung informeller Macht zu schaffen“. Auch die Rechte und Pflichten der Kirchenmitglieder müssten ebenso einen gesetzlichen Rahmen bekommen wie das Ehrenamt.
Insbesondere das Thema Rechte und Pflichten der Gemeinden wurde intensiv diskutiert. Freiheit von geistlicher Leitung und theologischen Vorgaben sei ihnen wichtig, so betonten die Kritiker. U.a. sehen Delegierte der Friedensgemeinde, der Abraham- und der St. Martinigemeinde sowie aus Arsten Habenhausen nach wie vor die traditionelle Glaubens- Gewissens- und Lehrfreiheit in Gefahr. Mitglieder des Kirchenausschusses machten mehrfach deutlich, dass es keinesfalls die Intention dieses Entwurfes sei, die Gemeinden zu gängeln, sondern der kirchlichen Arbeit einen zeitgemäßen rechtlichen Rahmen zu geben.
Bei der Abstimmung wurden zu Teil 1 des Entwurfs zu den Grundartikeln 85 Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen abgegeben. Die erforderliche Dreiviertelmehrheit wurde somit nicht erreicht und bereits die Präambel in der ersten Lesung überraschend abgelehnt. Die erste Lesung konnte daraufhin nicht fortgesetzt werden.
Für den Kirchenausschuss brachte Schriftführer Bernd Kuschnerus sein Bedauern zum Ausdruck, dass der Entwurf nicht die notwendige Dreiviertel-Mehrheit der anwesenden Delegierten gefunden hat: „In diesem Entwurf stecken viel Arbeit und Herzblut und so viele inhaltliche Rückmeldungen aus Gemeinden und Einrichtungen, um die Kirche auf einen guten, zukunftsfähigen Weg zu bringen. Aber so geht Demokratie, der Kirchentag ist der Souverän, und das respektiere ich natürlich. Gemeinsam mit dem Rechts- und Verfassungsausschuss werden wir nun dieses Ergebnis bewerten und einen Vorschlag zum weiteren Verfahren entwickeln.“
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