Donnerstag, 12. Juni 2025
Lidice-Gedenken: Schriftführer Bernd Kuschnerus predigt in Kladno
Im Rahmen der langjährigen Verbundenheit Bremens mit Lidice – ein tschechisches Dorf, das als Synonym für den NS-Terror steht – besucht der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche, Pastor Dr. Bernd Kuschnerus, am kommenden Wochenende Tschechien. Er nimmt dort u.a. am 14. Juni an der offiziellen Gedenkveranstaltung an den 83. Jahrestag der Vernichtung von Lidice teil.
Bereits am 13. Juni findet ein Konzert der zentralen Militärkapelle mit Solisten im Hof des Gedenkmuseums Lidice statt. Zur Gedenkveranstaltung am 14. Juni werden hochrangige Gäste aus der tschechischen Politik erwartet, die Kränze am gemeinsamen Grab der in der NS-Zeit ermordeten Dorfbewohner niederlegen werden. Der Schriftführer wird auch an dem Gedenkgottesdienst zu Ehren der Opfer an den Fundamenten der St.-Martins-Kirche in Lidice teilnehmen.
Am 15.Juni wird Pastor Dr. Bernd Kuschnerus mit Menschen aus Lidice, Kladno und Bremen den Gottesdienst im benachbarten Kladno feiern und dort predigen:
Als Menschen aus Tschechien und aus Deutschland, aus der Kladno-Region und aus Bremen, leben wir mit dieser Geschichte. Für mich ist es ein Geschenk, dass wir gemeinsam damit leben und nicht nebeneinanderher, und nicht gegeneinander. Es ist für mich Gnade, dass angesichts dieser Zerstörung und deutschen Verbrechen der Vergangenheit etwas Neues entstanden ist. Wir knüpfen daran an, was mit Ihnen und Dr. Ernst Uhl begonnen hat.
An den Verbrechen der deutschen Besatzer werde sichtbar, so Dr. Bernd Kuschnerus in seiner Predigt, was fehle, “wenn Menschlichkeit fehlt”.
"Das Gedenken an die entsetzlichen Verbrechen, die im Krieg von Deutschen an tschechischen Menschen begangen worden sind, ist eine eindringliche Mahnung zu Frieden und Menschlichkeit. Diese Mahnung ist heute wieder dringend nötig."
Zum historischen Hintergrund:
Am 10. Juni 1942 überfiel ein "Sonderkommando" der Gestapo, der Schutzpolizei und der SS das tschechische Dorf Lidice. Dort wurden alle 178 Männer, die älter als 15 Jahre waren, erschossen, 195 Frauen in das KZ Ravensbrück deportiert, wo 52 von ihnen ermordet wurden. Von den knapp 100 Kindern des Dorfes wurden 86 im Vernichtungslager Kulmhof ermordet und neun zur sogenannten "Germanisierung" verschleppt. Der kleine böhmische Ort nahe Prag wurde anschließend vollkommen zerstört und dem Erdboden gleichgemacht. Das Massaker war laut Nazi-Propaganda eine "Vergeltungsmaßnahme" für das Attentat auf Reinhard Heydrich, Gestapo-Chef und sogenannter “Stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren", der im Mai 1942 in Prag Opfer eines Mordanschlags wurde. Der hochrangige Nazi war als “Henker von Prag” verhasst, der die tschechische Bevölkerung rücksichtslos ausbeutete und mit drakonischen Maßnahmen unterdrückte, inhaftierte und ermorden ließ.
Zu den Opfern von Lidice und Ležáky (am 24. Juni 1942) kommen 3.188 im Sommer 1942 zum Tode verurteilte Tschechen, davon 477 aus dem einzigen Grund, dass sie das Attentat auf Heydrich ‚gutgeheißen‘ hatten.
Die Erinnerung an das grausame deutsche Kriegsverbrechen verbindet Bremen und Lidice. Nach Kriegsende entstand unweit des ehemaligen Dorfes ein neues Lidice. Eine Gedenkstätte und ein Museum erinnern an eines der berüchtigtsten Massaker der Nationalsozialisten.
Die Bremer Lidice-Initiative
Die Gründung der Bremer Lidice-Initiative 1979 geht auf den 2022 verstorbenen ehemalige Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche, Pastor Ernst Uhl, zurück.
Wir nannten uns Lidice-Initiative, um von vornherein klarzumachen:
Wir wollen die schuldbeladene Vergangenheit ansprechen, die zwischen Deutschen und Tschechen stand. Als Christ habe ich mir keinen anderen Zugang vorstellen können und über die Jahre ist so etwas wie Freundschaft entstanden.
So erinnerte sich Ernst Uhl 2002 in einem Interview. Als Sprecher der Gruppe gelang es ihm Ende der 1990er Jahre, 300.000 D-Mark an Spenden zu sammeln. Mit dem Geld wurde in dem Dorf, das die tschechische Regierung nach 1945 wieder aufbauen ließ, die Begegnungsstätte "Oase" eröffnet.
In den Bremer Wallanlagen entstand auf Betreiben der Initiative 1989 das erste Lidice-Denkmal auf deutschem Boden. Ernst Uhl hat sich zeitlebens für Frieden und Verständigung und die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit eingesetzt und zahlreiche Jugendfahrten nach Lidice organisiert. 1994 wurde Uhl zum Ehrenbürger von Lidice ernannt.
In Erinnerung an das deutsche Kriegsverbrechen gibt es in Lidice eine Gedenkstätte, die jedes Jahr von Menschen aus aller Welt besucht wird. Im Garten des Friedens und der Versöhnung unterstützte die Lidice-Initiative 2002 die Anpflanzung von 1.000 Rosen. Mittlerweile blühen den Sommer mehr als 25.000 Rosen.
Im Mai 2024 haben Schriftführer Pastor Dr. Bernd Kuschnerus und BEK-Präsidentin Edda Bosse bei ihrem Besuch in Lidice im Namen der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) eine weitere Rose gepflanzt.
Die Gastfreundschaft der Bürgerinnen und Bürger von Lidice, ihre Gesten der Versöhnung und der Freundschaft, haben mich tief beeindruckt.
So BEK-Präsidentin Edda Bosse über ihren Besuch in Tschechien. In mehreren Gesprächen mit Veronika Kellerová, der Bürgermeisterin des neuen Dorfes Lidice, und weiteren ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern, hat die Bremer Delegation im vergangenen Jahr weitere Begegnungen vereinbart, u.a. mit der Evangelischen Jugend Bremen, der Studierendengemeinde und Konfirmandengruppen.