10. Dezember 2024
Die Vergangenheit ist das Fundament, auf dem wir stehen. Unsere Gemeinde hat eine besondere Geschichte, denn sie ist aus einer Fusion heraus entstanden.
Die Evangelische Gemeinde Bremen-Blumenthal gibt es seit dem 1. Januar 2022. Sie ist das Ergebnis eines langjährigen Diskussionsprozesses unter vier Blumenthaler Gemeinden, der schließlich in einer Fusion mündete.
Die Herkunftsgemeinden sind: Die beiden reformierten Gemeinden ev.-ref. Bremen-Blumenthal und die reformierte Gemeinde in Farge sowie die beiden lutherischen Gemeinden Martin-Luther und die Gemeinde Himmelskamp.
Über viele Jahre berieten die Kirchenvorstände der vormals 4 Gemeinden über die Annäherung und die Fusion, unter großer Aufmerksamkeit der Mitglieder, die in vielen Versammlungen in den Prozess mitgenommen wurden. In mehreren Ausschüssen wurde die Fusion inhaltlich vorbereitet und schließlich in Gemeindeversammlungen im Jahr 2021 in allen vier Gemeinden beschlossen.
Vor 120 Jahren, am 23. Juni 1902 wurde der Grundstein der Martin-Lutherkirche gelegt. Darüber und über vieles mehr berichtet Heinz Tippenau in seinem 2001 erschienenen Buch „Lutheraner in Blumenthal“. Den Grundstein liegt sichtbar am Fuß der Kanzel, die sich über ihm erhebt als ein zweistöckig gemauerter Turm. Zur Feier der Einweihung sang die Gemeinde sehr passend das Lutherlied „Ein feste Burg ist unser Gott“.
Die Säulen des Untergeschosses tragen das obere Stockwerk. Hier öffnet sich das Mauerwerk mit dekorativ gerahmten Loggien. Fünf biblische Gestalten schauen heraus: CHRISTUS in der Mitte, MOSES und DAVID auf der einen, JOHANNES der Täufer und PAULUS auf der anderen Seite stellen sich als als seine Vorläufer oder Nachfolger vor. Sie bringen die Kanzel zum Sprechen, auch wenn niemand auf ihr eine Predigt hält.
Die Bilder sind mit zarten, geschwungenen Linien auf vergoldete Tontafeln geritzt und farbig ausgemalt. Mein Blitzlicht hat sie zum Leuchten gebracht. CHRISTUS sitzt auf einem Thron, der in den Wolken schwebt. Die rechte Hand erhebt er beschwörend, die linke zeigt ein Buch mit den griechischen Buchstaben Alpha und Omega: „Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende!“ (Offenbarung 1,8 u.17). Über dem Bild steht das Jesuswort: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh. 14,6). Leider wird dieses Leitwort der ganzen Kanzel verdeckt von dem herabhängenden Antependium.
Rechts und links von diesem Mittelpunkt erscheinen vier Diener dieser einen Botschaft. Ganz links eröffnet MOSES den Reigen mit der Weissagung, dass Gott „einen Propheten wie du bist erwecken“ will (5.Mose 18,18). Das verstehen christliche Ausleger als Hinweis auf den kommenden Christus. Das Bild zeigt ihn als Überbringer der Gebotstafeln vom Berge Sinai, auf die sein Finger mahnend hinweist. Durch die Aufstellung der Kanzel ist der Befreier und Gesetzgeber des Gottesvolkes unverdient in eine Ecke geraten.
DAVID wird unter der Weissagung Jesajas (11,1) zum Christuszeu-gen: „Es wird eine Rute aufgehen aus dem Stamme Isais“. Isai oder Jesse war Davids Vater, und die Evangelien erklären Jesus zum Nachkommen und Erben des Königs. Davids. Die Weihnachtsge-schichte in Lukas 2 erzählt, er sei darum in der „Stadt Davids, die da heißt Bethlehem“ geboren. Und Pilatus lässt ihn noch am Kreuz als König bezeichnen. Unsere Bildtafel zeichnet David in seiner Doppelrolle: mit dem Zepter des Königs und der Harfe des Psalmensängers. Der Künstler betont seine zarte, poetische Seite. Fast die Hälfte der biblischen Psalmen werden David zugeschrieben, darunter der Hirtenpsalm 23, aber auch der großartige Psalm 22, den Jesus sterbend am Kreuz gebetet hat: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Auf der anderen Seite tritt der Täufer JOHANNES auf. Sein Zeigefinger weist hin auf das „Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt“, ähnlich wie Moses auf die Gebotstafeln. Den Finger des Täufers erinnert auch an den berühmten Isenheimer Altar, wo er auf den gekreuzigten Christus gerichtet ist. Hier weist er auf den großen Teller, der mit dem Gotteslamm eine sakrale Bedeutung gewinnt als Sinnbild des Abend-mahls. Zur lutherischen Abendmahlsliturgie gehört der Hymnus des Reformators „Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt“ Die beiden evangelischen Sakramente Taufe und Abendmahl finden auf dieser Bildtafel Platz, über der wir als Motto lesen „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns“ (Joh.1,14).
Der Apostel PAULUS steht mit einem Schwert und einer Bibel dicht neben der Kanzeltreppe und gibt an, WIE gepredigt werden soll: „Nehmt das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes“ (Eph. 6,17). Die Schrift darüber erinnert noch einmal daran, WAS zu verkünden ist: „Wir aber predigen den gekreuzigten Christum“ (1.Kor.1,23). Er fasst die gemeinsame Botschaft der fünf Bilder zusammen: Christus, beglaubigt von Zeugen des Alten und des Neuen Testaments, soll wegweisend, glaubwürdig und lebensnah auf dieser Kanzel zur Sprache kommen.
In der Reformierten Kirche Blumenthal fragte mich ein lutherisches Gemeindeglied nach der Kanzel, die sich auf einer Säule hoch über die Sitzbänke erhebt: „Warum wird von da oben nicht gepredigt?“ Gute Frage! Meine Antwort war auch nicht schlecht, aber sie hat ihn nicht befriedigt. „Sie ist doch so schön!“
Ja, schön ist sie wirklich. Mit ihren Säulen und Bögen stellt sie sich dar als ein feierlich geschmücktes „Haus Gottes“. Ihr acht-eckiger Grundriss findet sich seit dem Mittelalter an vielen „Pre-digtstühlen“, wie die Kanzeln auch genannt werden. Aber trotz dieser traditionellen Gestaltung ist sie auch „gut reformiert“: ohne Bilder, die in vielen christlichen Kirchen die Kanzelwände schmücken. Aber nicht bei den Reformierten! Die halten sich an das Zweite Gebot der Bibel „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, bete sie nicht an und diene ihnen nicht“. So trägt die Kanzel auf den drei breiten Außenwänden nur Schrifttafeln mit Bibelworten des Alten und des Neuen Testaments. Auch ohne eine gehaltene Predigt erinnern sie die Gemeinde in Goldschrift, was dieses Wort für sie ist und sein soll:
- Das Wort Gottes bleibet in Ewigkeit -
- Selig sind die Gottes Wort hören und bewahren -
- Seid Thäter des Wortes und nicht Hörer allein -
Das „Wort Gottes“ sind nicht die 738 765 Wörter, die sich in der Bibel angesammelt haben, aufgeschrieben von Menschen, die in ihrem Leben Gott begegnet sind. Zu Gottes Wort werden diese alten Texte dadurch, dass sie Botschafter dieser Begegnungen werden, und dass die Hörenden sie in sich aufnehmen als Hilfe zum Leben und zum Sterben.
Unser lutherischer Freund mag Recht haben mit seinem Wunsch nach einer Predigt von da oben. Bei kräftiger, gut artikulierter Sprechweise wäre sie sogar überall in der Kirche – auch ohne Mikrofon – zu verstehen. Nötig für eine gute Akustik sind allerdings auch viele Besucher in den Bänken!
Während der Nazi-Zeit hat sich aus dieser Höhe der Pastor Oltmann Duit deutlich hörbar dazu bekannt, dass Jesus Christus ein Jude war, und er hat für die verfolgten und verschleppten Juden öffentlich gebetet. Nächtliche Verhöre der Staatspolizei haben ihn nicht zum Schweigen gebracht.
Inzwischen ist in Blumenthal-reformiert eine andere Kanzel in Gebrauch: nah an der kleinen Hörergemeinde, die der großen Kirche die Treue hält. Sehr alt ist sie, farbig, und dazu rätsel-haft. Im nächsten Absatz lest ihr mehr dazu…
Im Jahre 1758 legt das Segelschiff von Arend Steengrave im heimatlichen Vegesacker Hafen an. Außer seinem Handelsgut bringt der Schiffer irgendwoher aus Übersee eine Kirchenkanzel mit. Er will sie der Blumenthaler Kirche schenken, in der er getauft und mit seiner Metje getraut worden ist. Etwas ramponiert ist sie vom Transport zwischen den Kisten, Fässern und Säcken. Oder sie war es schon vorher, denn beim Erwerb durch den Schiffer hatte sie schon fast zweihundert Dienstjahre hinter sich. Der Vegesacker Tischler Cordes repariert sie so gut er kann mit neuen Leisten, mit Nägeln und Gips. Weiß übermalt mit goldenen Streifen bringt sie dann in die „Ol Kark“ neuen Glanz und wird ein würdiger Platz für die Predigt.
Inzwischen ist sie wieder etwas gewandert. Raus aus der alten Kirche, die dann abgerissen wurde - zwischengenutzt als mobiles Lesepult im Gemeindehaus – in der neuen Kirche graubraun übermalt wieder aufgestellt – und schließlich 1979 grundlegend restauriert, wobei unter mindestens vier Schichten die wunderbaren Originalfarben von 1585 freigelegt und aufgefrischt werden konnten.
Wo in Nordeuropa die Kanzel ursprünglich zu Hause war und vom Blumen-thaler Kapitän entdeckt wurde, in welcher Sprache dort gepredigt wurde, – niederländisch? dänisch? deutsch? – ist ein noch ungelöstes Rätsel. Alle Nachforschungen gingen bisher ins Leere. Der Stifter hatte niederländische Vorfahren. So können wir vermuten, dass er sie bei einem Landgang in der elterlichen Heimat erworben hat.
In der kunsthistorischen Literatur, auch in einer reichhaltigen Internet-Seite mit 1230 Kanzeln in 40 Ländern, ist keine mit einem vergleichbaren Bildprogramm zu finden. Und da sind wir beim zweiten Rätsel, das die Kanzel uns stellt. Ihr geschnitzter Schmuck aus der Zeit der Renaissance ist keine neutrale Dekoration, sondern eine Botschaft, die gelesen, verstanden und beherzigt werden will. Zum Verstehen hat uns der Fachmann Rolf Gramatzki verholfen. In seinem Buch über alte Bremer Kanzeln deutet er das Schnitzwerk als Auslegung von Texten aus der Offenbarung des Johannes.
Wer darüber genaueres wissen möchte, findet es in unserem Faltblatt „Die alte Kanzel in der Reformierten Kirche Blumenthal“. Kurz zusammengefasst haben die kunstvoll geschnitzten Kanzelseiten viermal die gleiche Botschaft: die kleine Schar der Christen muss sich in einer gottlosen, feindlichen Welt behaupten und bewähren. Denn Gott hat über die böse Welt den Kelch seines Zornes ausgegossen. Sie hat ihn ausgetrunken und ist nun selbst voller Wut, weil sie keinen Glauben hat und die Gläubigen mit Lügen, Gewalt und Mord bedrängt. Das große Gefäß in der Mitte stellt diesen Zorneskelch dar. Hier, im Hause Gottes, ist er aber verschlossen. Wir müssen und sollen von ihm nicht trinken. Ganz oben lädt ein kleiner offener Heilskelch zum Abendmahl in Gottes Reich ein. Auf einem der vier Kelche liegt auch ein Brotlaib. Hier ist die Gemeinde verbunden miteinander und mit dem Gastgeber Christus an seinem Tisch. Eine rote Blume zeigt an, dass dies eine Gemeinschaft der Liebe sein wird.
Rätselhaft erscheinen uns auch die vier Bilder im unteren Teil der Kanzelwand. Es sind keine Engel, denn sie haben keine Flügel. Sie symbolisieren die Seelen von Verstorbenen. Diese haben keinen irdischen Körper mehr, aber die ausdrucksvollen Gesichter machen deutlich, dass sie einem konkreten Menschen angehören. Wir sehen in geprägte Seelenbilder von zwei Frauen und zwei Männern, die ihres Glaubens wegen getötet wurden. Gott hat sie unter seinem Altar geborgen, um auch sie am himmlischen Liebesmahl teilhaben zu lassen. Die Offenbarung des Johannes berichtet, Gott habe sie mit neuen weißen Kleidern versehen. Der Schnitzer hat sie auf verschiedene Art an den Köpfen befestigt.
An einem Bild finden wir das Entstehungsjahr 1585. Damals nach der Reformation waren viele evangelische Gemeinden schweren Verfolgungen ausgesetzt. In den Jahren davor hatte der Herzog von Alba als spanisch-katholischer Statthalter der Niederlande über tausend Calvinisten töten lassen, die ihrem evangelischen Glauben nicht abschwören wollten. Ihr Schicksal könnte die Kanzel mit der biblischen Botschaft in Verbindung setzen.
Dieser seltene und seltsame „Predigtstuhl“ kam aus einer anderen Welt und anderer Zeit zu uns nach Blumenthal. Er verbindet unsere kleine Gemeinde mit den gläubigen Christen aller Zeiten und Welten, und er lädt uns ein, die zeitlose Einladung zur Gemeinschaft mit Christus anzunehmen.
Übrigens erinnert einer unserer alten Grabsteine an den Schiffer Arend, seine Frau Metje und ihre vier Kinder. Seine Inschrift ist teilweise abgetreten, weil er jahrelang als Fußbodenplatte in der „Ol Kark“ gelegen hat.
Die Reformierte Kirche in Farge wurde 1905 als Kapelle für den Nordbezirk Blumenthals errichtet. 1966 wurde sie Zentrum einer selbständigen reformierten Gemeinde, und jetzt ist sie der nördliche Stützpunkt der „Evangelischen Gemeinde Blumenthal“.
Außen wie innen strahlt der schlicht-weiße Bau das reformierte Gemeindeprinzip aus. Der Saal bildet mit der Kanzel, dem Abendmahlstisch und dem Taufbecken eine harmonische Ei-heit. Alles ist nah beieinander, und alles auch nah bei den Hörern. Wieder schmücken Worte, keine Bilder die Kanzel. Wie in Blumenthal mahnt das Alte Testament:
DAS WORT UNSERES GOTTES BLEIBET EWIGLICH.
Das Neue Testament setzt hinzu:
EUCH IST DAS WORT DIESES HEILS GESANDT.
Es ist Allen, nicht nur den Theologen anvertraut. Darum ist auch die Kanzel zugänglich für nichtstudierte Männer und Frauen, die zu gleichberechtigten Predigern berufen und ordiniert werden können. In Farge hat der bekannte Schriftsteller Manfred Hausmann dies Amt des „Ältestenpredigers“ ausgeübt und seitdem mehrere Nachfolgerinnen und Nachfolger gefunden. Jetzt werden sie Ehrenamtliche Predigerinnen und Prediger genannt.
Die Bibelsprüche über das WORT und das mit ihm gekommene göttliche HEIL sind von einer angedeuteten Kreuzform eingerahmt. Auch sie stehen, wie bei vielen Kanzeln üblich, zwischen Säulen und symbolisieren damit wieder ein Bauwerk für den Gottesdienst.
Das hat die Kanzel nicht vor Missbrauch geschützt. 1933 hielt der damalige Pastor Adolf Stiasny hier ohne Wissen des Kirchenrates in SA-Uniform eine nationalsozialistische Gedenkfeier ab. Deren Hauptwort war ein neues Deutschland, und das Heil hieß Hitler. Der Kirchenrat aber nahm sein Wächteramt wahr und sprach ein Macht-Wort: die Herde jagte den verirrten Hirten vom Feld. Sein Nachfolger Herbert Leßner warf das Steuer herum und ging wie der Blumenthaler Amtsbruder Duit unbeirrt auf Gegenkurs zur braunen Flut.
Wo ist sie denn, die Kanzel der Bockhorner Kirche? Sie ist verschwunden! Allerdings nicht ganz spurlos, denn sie hat ihren Fußabdruck hinterlassen.
Was ist passiert? Die Hinrich-Wichern-Kirche wurde 1959 in ein von jungen Familien besiedeltes Gebiet gebaut, als Treffpunkt für unterschiedlich interessierte Bewohner. In ihren Räumen sollte nicht nur auf der Kanzel gepredigt, von der Orgel begleitet gesungen und am Altar gebetet werden. Es wird auch ideenreich gespielt und gefeiert. Der Gottesdienst-Raum kann vielseitig genutzt werden.
Auf dem Bild hebt der langjährig als Prediger tätige Ernst Uhl in fröhlicher Runde sein Glas. Es ist das einzige Foto der verschwundenen Kanzel, das für diesen Bericht aufzutreiben war. Ihr schlichter Stil passte gut in die festliche Architektur des Raumes.
Aber dann kam ein neuer, junger und kreativer Pastor in die Gemeinde. Die fest aufgestellte Kanzel schränkte die Bewegungsfreiheit für seine Inszenierungen im Altarraum ein. Sie musste weichen, eines Tages war sie einfach verschwunden. An ihre Stelle tritt ein etwas kümmerliches mobiles Stehpult. Es wirkt provisorisch und austauschbar, als wäre die Predigt nur noch eine Nebensache. Wer sich an ihm festhalten will, kann auch mit ihm umfallen.
Der Ziegelsteinboden unter dem Pult ist noch nicht abgetreten und glänzt wie neu. Auch die Wölbung der Stufenkante bezeugt den Fußabdruck der verschwundenen Kanzel.
Die nun abgekanzelte Kirche gleicht den christlichen Gotteshäusern im ersten Jahrtausend der Kirchengeschichte. In ihnen gab es keine Kanzeln, weil noch nicht gepredigt wurde. Der Priester verlas an einem Pult, Ambo genannt, Bibeltexte in lateinischer Sprache, und feierte am Altar die Eucharistie. Dann tauchten die Katharer (Ketzer!) auf, die frischen Wind in die erstarrte Kirche bringen wollten. Die Priester wehrten sich vergeblich mit Feuer und Schwert (Ketzerverbrennungen). Mit einer wirksameren Waffe kamen ihnen die Dominikaner-Mönche „von außen“ zu Hilfe. Auf Marktplätzen und Friedhöfen stellten sie mitgebrachte hölzerne Gestelle auf und erklärten dem Volk auf diesen „Kanzeln“ die christliche Wahrheit und die Irrtümer der Ketzer im Klartext.
Die Gestelle wanderten schon bald in die Kirchen und wurden feste Bestandteile des Raumes. Sie passten sich dem Baustil der Kirchen an und wurden oft künstlerisch geschmückt. Die Priester lernten selbst das Predigen. Und nach der Reformation waren es lutherische und reformierte „Ketzer“, die die Predigt zur Hauptsache ihrer Gottesdienste machten.
Am Himmelskamp in Bockhorn hat ein lutherischer Prediger die stilgerecht eingebaute Kanzel wieder gegen ein mobiles Holzgestell ausgetauscht. Die harmonische Architektur hat dadurch gelitten. Hauptsache aber bleibt, dass auch an ihr christliche Wahrheit und christliches Leben im Klartext gepredigt wird.
Alle Texte zu den Kanzeln stammen von Peter Ramsauer