Aktuelles

21. September 2025

Andacht - Die Ein-Euro-Münze

Die Andacht aus dem aktuellen Gemeindebrief. Zum Nachdenken, Nachspüren und Mitfühlen.

In meinem Fahrradkorb liegt eine 1-Euro-Münze. Sie liegt da nun schon seit ein paar Wochen. Der Korb ist am Lenker befestigt und hat nur kleine Löcher, so dass die Münze nicht hindurchrutschen kann. Zuerst habe ich mich gefragt, was darin immer so rumpelt. Als ich dann genauer hinschaute, sah ich die Münze. Ich habe sie da nicht hineingetan. Und mein Portemonnaie lag auch nicht so drin, so dass sie hätte rausfallen können. Also muss jemand anderes die Münze in den Korb getan haben. Aber warum? Mir hat schon mal jemand eine leere Dose hineingeworfen. Aber Geld? Etwas von Wert wird doch eher herausgenommen als hineingetan.  
Ich finde keine Antwort auf die Frage. Und so lasse ich die Münze einfach in meinem Korb liegen. Wenn ich aufs Fahrrad steige und losfahre, dann rumpelt die Münze ein bisschen vor sich hin und ich erinnere mich, dass sie da ist. Vielleicht wollte mir ja jemand etwas Gutes tun? Eine schöne Vorstellung. Jemand hat eine Hand voll Ein-Euro-Münzen und geht damit rum und legt sie in Fahrradkörbe oder steckt sie in Rucksäcke oder legt sie auf Fußmatten. Einfach so – um den Menschen, die sie finden, eine Freude zu machen. Kein riesiges Geschenk, sondern ein kleine Geste. Eine freundliche kleine Irritation. Vielleicht sollte ich den Euro auch einfach weiter verschenken. Aber Geschenke schenkt man nicht einfach weiter. Und ich will ihn auch nicht einfach in meine Portemonnaie tun und ausgeben. Denn irgendwie ist diese Münze doch besonders und immerhin begleitet sie mich nun schon eine Weile. Der hoffentlich gut gemeinte Euro bereitet mir ganz schön Kopfzerbrechen.
An einem sommerlichen Morgen, als ich früh mit dem Fahrrad unterwegs bin und die Münze wieder vor sich hin rumpelt, kommt mir eine Idee. Vielleicht soll mich die Münze erinnern – an all das erinnern, was da gerade auch noch ist, was ich geschenkt bekommen habe, einfach so. An diesem Morgen ist es das Sonnenlicht, das durch das Grün der Bäume um mich herum fällt. In einem anderen Moment ist es die Vorfreude auf eine Begegnung, die ich gleich haben werde. Und immer mal wieder der Gedanke: ich kann hier im Frieden unterwegs sein. So gesellen sich zu der Münze immer wieder kleine Momente, in denen ich mich beschenkt fühle. 
In einem Psalm heißt es: „Gott, wenn du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt“ (Ps 104, 28). Wenn ich aufs Fahrrad steige und los fahre, dann sammle ich und wenn ich ankomme, dann bin ich mit Gutem gesättigt.
Lieber Mensch, der du mir die Münze in den Fahrradkorb gelegt hat, gerne würde ich dich an all den Gedanken teilhaben lassen. Oder einfach nur sagen. Danke! Weil ich aber nicht weiß, wer du bist, nehme ich dich mit hinein in den leisen Dank, der mir auf dem Herzen liegt, wenn ich das Fahrrad wieder abstelle: Danke, Gott!
Es grüßt Sie herzlich, Ihre Pastorin Frauke Löffler