Denkanstoß

Unser Lieben Frauen: 500 Jahre Evangelisch

Unser Lieben Frauen: 500 Jahre Evangelisch

1000 Jahre Unser Lieben Frauen, daran haben wir vor vier Jahren, zu Beginn des Jahres 2020 erinnert. Unsere Gemeinde hat eine lange Geschichte, die auf ein Jahrtausend bis zu ihren Anfängen zurückblicken lässt. Jetzt nehmen wir das Jahr 2024 gerne zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass wir uns von diesen 1000 Jahren nun 500 Jahre der evangelischen Tradition verpflichtet fühlen.

Nicht allzu lange nachdem die zentralen Überzeugungen der Reformatoren auch in Bremen auf offene Ohren stießen – die erste reformatorische/evangelische Predigt wurde am 9. November 1522 von Heinrich von Zütphen in der Kirche unserer Schwestergemeinde St. Ansgarii gehalten – öffnete man sich 1524 auch in Unser Lieben Frauen der wiederentdeckten Botschaft von der Gnade Gottes, die man sich nicht verdienen kann, und der Verkündigung seiner Liebe. All das, was über Jahrhunderte in der christlichen Tradition immer weiter verschütt gegangen war, wurde vor einem halben Jahrhundert zum Beispiel durch Theologen wie Martin Luther und seine Weggefährten wieder zu Tage gefördert und vielleicht sogar in nie dagewesener Kraft und Klarheit präsentiert.

Nun mag die Kirche im Jahr 1524 möglicherweise auch in Bremen in einem Zustand gewesen sein, in dem man geneigt war zu sagen: Jede Veränderung ist besser als das, was wir jetzt haben, aber insbesondere das Zurechtrücken des weitverbreiteten ängstigenden Gottesbildes und eine auch damit verbundene neue Form der Verkündigung und Einbeziehung aller Menschen dürften wirklich wohltuend gewesen sein.

1524 wurde in Unser Lieben Frauen mit Jacob Probst der erste dezidiert evangelische, also von den Gedanken der Reformation beseelte Pastor berufen. Seit diesem Zeitpunkt wird man also rückblickend von der Evangelischen Gemeinde von Unser Lieben Frauen sprechen können. Probst wurde 1486 in Ypern (Belgien) geboren und gehörte wie Luther, mit dem er später bekannt war, zunächst dem Augustinerorden an. Bis zu seinem Tod im Jahr 1562 hat er an und um Unser Lieben Frauen gewirkt.

Wenn wir dieses Jubiläum mit einigen insbesondere herausragenden musikalischen Veranstaltungen, einem Gemeindefest am 31. Mai und einem Festgottesdienst am 16. Juni feiern wollen, dann hat das nichts mit gefeierter Abgrenzung zur katholischen Kirche zu tun, sind wir doch alle Christen. Wir feiern vielmehr, dass wir seit 500 Jahren nun eben fröhlich evangelisch in unserer Gemeinde unterwegs sind. Darüber hinaus sind wir nicht zuletzt durch unseren christlichen Glauben zu einer Gemeinschaft verbunden, in der sich noch viele wohl- oder geborgen fühlen. Und wir sind weiter der Botschaft von der Liebe Gottes und der daraus möglichen Nächstenliebe verpflichtet. Und zwar so lange, wie es uns gibt. Mal sehen. Vielleicht sehen wir uns aber erstmal bei der einen oder anderen kleinen Feierlichkeit.

Herzlichst, Pastor Sebastian Renz