Die Gedächtniskapelle

Die Geschichte der Gedächtniskapelle

Offene Turnhalle

Im 13. Jh. entstand beim Umbau der Kirche Unser Lieben Frauen zur gotischen Hallenkirche im unteren Nordturm eine zum Kirchenraum hin offene Turmhalle.

Tresekammer

Im 14. Jh. beschloss der Rat der Stadt, im Nordturm seiner Ratskirche alle wichtigen Urkunden und Dokumente aufzubewahren. Die Öffnung zur Kirche wurde zugemauert und der auf diese Weise geschlossene Raum bis 1910 als sog. Tresekammer benutzt. Dieses Ratsarchiv war nur durch eine kleine Tür vom Nordschiff aus zu betreten.

Gedächtniskapelle

1924 wurde die ehemalige Tresekammer zur Krieger-Gedächtnis-kapelle für die Gefallenen des 1. Weltkriegs umgebaut und dabei die Wand zur Eingangshalle hin geöffnet (Architekt: Otto Blendermann, Bremen). Die Namen von 259 gefallenen Gemeindegliedern (… starben den Tod für ihr Vaterland …) standen auf sieben steinernen Gedenktafeln, die sich an der westlichen Wand des Raumes befanden. Da die U.L.Frauen-Kirche bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Garnisonskirche des 1. Hanseatischen Infanterie-Regiments Bremen Nr. 75 gewesen war, wurde der Raum auch gleichzeitig zur Ehrenhalle des 75er Regiments. In die östliche Wand wurde über einem Altarsockel (Widmung: Unseren Fünfundsiebzigern) ein vergitterter Wandschrein eingelassen zur Aufbewahrung des Goldenen Ehrenbuchs der 75er, welches die Namen der 7.389 Gefallenen dieses Regiments enthielt (heute im Bremer Staatsarchiv). Dominierender Mittelpunkt im Raumzentrum war die Skulptur Ruhender Krieger des Münchener Bildhauers Friedrich Lommel (1883-1967).

Postkarte von 1935
Postkarte von 1950

1950 wurde die Südwand der Eingangshalle zur Gedenkstätte der Kriegsgefallenen des Zweiten Weltkriegs umgestaltet im bewussten Gegensatz zu der nicht mehr als passend empfundenen Aussage der Gedächtniskapelle (Architekt: Jan Noltenius, Bremen). Unter dem Bibelwort Christus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen an das Licht gebracht (2.Tim 1,10) waren die Namen der 358 Toten in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. In den Folgejahren wurde diese Aufstellung noch nach und nach mit Namen von Vermissten vervollständigt, die für Tod erklärt worden waren. Die Gedenkstätte wurde Mitte November 1950 eingeweiht.

1970/1972 wurde das geänderte Verständnis der Gemeinde zu Krieg und Heldenverehrung intensiv und kontrovers diskutiert. Das Ergebnis war ein Grundsatzbeschluss des Kirchenvorstands, die Gedächtniskapelle oder zumindest die Ostwand mit dem Ehrenaltar zu verändern, trotz des insgesamt für die Kirche bestehenden Denkmalsschutzes. Konsequenzen aus diesem Beschluss ergaben sich jedoch aus Geldmangel für ein solches Projekt nicht; wohl auch aus Rücksicht auf immer noch starke Empfindlichkeiten älterer Gemeindeglieder. Das Vorhaben ruhte, obwohl es in den Folgejahren immer wieder im Gespräch war.

Alte Gedächtniskapelle, Westwand mit den Namenstafeln der Gefallenen des 1. Weltkriegs - (Zustand 2008)
Alte Gedächtniskapelle, im Zentrum der "Ruhende Krieger" von Friedrich Lommel
Alte Gedächtniskapelle, Ostwand mit dem ehemaligen Ehrenaltar der 75er - (Zustand 2008)

Durch inzwischen dringend notwendig gewordene Sanierungsarbeiten an Außen- und Innenwänden im Bereich des Kircheneingangs und im Raum der inzwischen vernachlässigt wirkenden Gedächtniskapelle wurde das Thema erneut in einem eigens dafür gebildeten Bauausschuss aufgegriffen. Nach Abstimmung mit dem Landesdenkmalspfleger wurde ein neues Raumkonzept entwickelt. - Gläserne Namenstafeln der Gefallenen beider Weltkriege werden um die Skulptur des "Ruhenden Kriegers" gruppiert, konzentrieren hier das Totengedenken und milderen durch ihre verschleiernde Wirkung gleichzeitig die nicht mehr als zeitgemäß empfundene Dominanz des Ehrenmals. Vorgesetzte gläserne Platten verdecken alle ursprünglichen Einbauten und Schriften an den Wänden, bleiben jedoch weiterhin im Sinn des Denkmalschutzes erahnbar. Neues Fenster und geänderte Beleuchtung sowie das durch optische Leuchtbänder an den Seitenwänden zusammengefasste Textzitat aus Lukas 1,79 sollen den bisherigen Gesamteindruck des Raumes verändern. Zusätzlich besteht im Eingangsbereich der Kirche die Möglichkeit, eine Informationswand für Besucher der Kirche einzurichten. (Atelier Lönne & Neumann, Paderborn) - Nach nochmals intensiver Diskussion wurde dieses neue Konzept Anfang Mai 2009 vom Gemeindekonvent mit großer Mehrheit angenommen und Ende d.J., nach einem Abschiedsgottesdienst von der bisherigen Kapelle, die Sanierungs- und Umbauarbeiten in Angriff genommen. Mitte November 2011 wurde schließlich die zur Friedenskapelle umgestaltete Gedächtniskapelle neu eingeweiht.

Seither brennt hier jeden Tag eine Kerze und lädt den Besucher dazu ein, alle Opfer von Krieg und Gewalt in sein persönliches Gedenken einzubeziehen zu einem umfassenden Friedensgebet.

Das Textzitat aus Luk 1,78-79 an der Westwand der Friedenskapelle läuft unvollständig am Ende in einem waagerechten Lichtband aus, und ...
... und wird auf der Ostwand abgeschlossen, wo es zusammen mit dem senkrechten Leuchtband ein Kreuz bildet.

Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes
wird uns besuchen das aufgehende Licht aus der Höhe,
damit es erscheine denen,
die sitzen in Finsternis undSchatten des Todes,
und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens. 
(Lukas 1, 78-79)