10. Dezember 2024
Bereits in vorreformatorischer Zeit ist die Existenz einer Orgel in der Liebfrauenkirche belegt durch Nennung der Organisten Hermann (1487) und Conrad der Blinde (1497). In nachreformatorischer Zeit ist das älteste konkret nachweisbare Instrument die ehemalige Orgel des "Schwarzen Klosters", die von Cornelius und Michel Slegel aus Zwolle 1561 in Unser Lieben Frauen aufgestellt wurde.
Als um die Wende zum 17. Jahrhundert der Orgelbau in Norddeutschland zu großer Blüte gelangte, erhielten zuerst die Bremer Stadtkirchen St.Stephani (1587), St.Ansgarii (1611) und St.Martini (1619) neue Orgeln. 1634 entschloß man sich auch in der Ratskirche U.L.Frauen zu einem repräsentativen Neubau. Hiermit wurde der aus Göttingen stammende Johann Sieburg beauftragt, der sich in Bremen niedergelassen hatte und hier bereits einige Reparaturen ausgeführt hatte. Mit dem relativ großen Neubau für U.L.Frauen hatte Sieburg jedoch unerwartete Schwierigkeiten. Die Bauzeit zog sich über sieben Jahre hin. Bei der Abnahme der Orgel 1641 stellten die beiden Hamburger Organisten Jakob Praetorius und Heinrich Scheidemann viele bauliche und klangliche Mängel fest. Das Protokoll enthält auch Kritik am Stimmungssystem (Temperatur) der Orgel: "will Er versuchen so viehl immer müghligen dieselbe Quinta zwischen a. vnd d. Rein zu stimmen vnd die tertien zu schärffen vnd die schwebende Quinta an andere Öhrter zu bringen." In jüngster Zeit wurde dieser Absatz wiederholt als Hinweis auf die Weiterentwicklung der mitteltönigen Stimmung gedeutet.
Die Neubauten der großen Orgeln im St.Petri-Dom und St.Stephani 1695-1698 durch Arp Schnitger machte so großen Eindruck, daß auch die Bauherren der übrigen Bremer Stadtkirchen in den folgenden Jahren ihre Orgeln durch Schnitger erweitern ließen. Den Anfang machte jetzt Unser Lieben Frauen in den Jahren 1698 – 1700. Schnitger erweiterte die Sieburg-Orgel auf drei Manuale und 40 Register. Die Disposition ist durch Johann Mattheson (1721) überliefert.
In den Jahren 1826 - 1828 wurden fast gleichzeitig die Barockorgeln im St.Petri-Dom und in U.L.Ffrauen durch Otto Biesterfeld dem veränderten Zeitgeschmack angepaßt. 1849 war wiederum der Neubau einer großen Domorgel durch Johann Friedrich Schulze aus Paulinzella der Auslöser zur Erneuerung sämtlicher Orgeln in den alten Bremer Stadtkirchen. Nach und nach wurden in den folgenden Jahrzehnten die Barockorgeln durch romantische bzw. spätromantische Orgeln ersetzt, zuletzt 1907 in der St.Stephanikirche. Für Unser Lieben Frauen empfahl der damalige Domkantor Carl Martin Reinthaler 1871 einen Neubau, der 1873-74 von der Firma Johann Friedrich Schulze Söhne (Paulinzella) mit 40 Register auf 3 Manualen und Pedal ausgeführt wurde.
Im Zuge der durchgreifenden Neugestaltung der Kirche 1897 mit einer neugotischen Innenausstattung baute die Firma Furtwängler & Hammer eine neue Orgel, bei der das Pfeifenmaterial der Schulze-Orgel wiederverwendet wurde. 1930 wurde diese Orgel von Georg Friedrich Steinmeyer erheblich erweitert und hatte mit 68 Registern auf 4 Manualen und Pedal eine beträchtliche Größe. 1944 wurde diese Orgel zerstört beim Brand in der Kirche nach einem Luftangriff.
Heiligabend 1947 war die Kirche provisorisch soweit wieder hergestellt, daß der erste Gottesdienst gefeiert werden konnte. Als eines der ersten weiteren Bauvorhaben wurde, noch vor dem Wiederaufbau des Turmhelms, eine neue Orgel geplant. Dies war der erste große Orgelneubau in Bremen nach dem zweiten Weltkrieg. Kantor Harald Wolff legte in Zusammenarbeit mit Christhard Mahrenholz verschiedene Dispositionsentwürfe vor, darunter auch mehrere Varianten, die an die Größe der verloren gegangenen Orgel anknüpften mit 4 Manualen, bis zu 56 Registern und 32’-Pedal. Realisieren lies sich aber nur eine kleinere Lösung mit 3 Manualen und 39 Registern. Vorschläge wurden eingereicht von den Firmen Emil Hammer (Hannover), Emanuel Kemper & Sohn (Lübeck), Georg Friedrich Steinmeyer (Oettingen) und Paul Ott (Göttingen). Die Wahl fiel schließlich auf Paul Ott, der den Auftrag 1953 ausführte. Die neue Orgel stand an der Westwand des Mittelschiffs vor dem damals noch zugemauerten Turmjoch. Nach längerer Diskussion entschied man sich für den Prospektentwurf von E. A. Steinbrink, Bremen.
Die Neugestaltung des Kirchenraumes durch Prof. Dieter Oesterlen (Hannover) ab 1959 bezog auch die erst wenige Jahre zuvor errichtete Orgel mit ein. Um das Rosettenfenster sichtbar zu machen, wurde die Trennwand zwischen Mittelschiff und Turmjoch abgebrochen, vor der bis jetzt die Orgel stand. Der neue Standort der Orgel war hart umstritten. Architekt, Kantor und Gemeinde einigten sich schließlich auf die Westwand des südlichen Seitenschiffes. In einem neuen Gehäuse wurde die Orgel 1964 dort aufgestellt. Bei dieser Gelegenheit erhielt die Orgel u.a. ein zusätzliches Register im Hauptwerk und neue Prospektpfeifen aus Zinn.
Aus klanglichen Gründen wurde in den folgenden Jahrzehnten mehrfach über eine Veränderung der Orgel nachgedacht, bis 1984 die Firma Karl Schuke (Berlin) mit einer Generalüberholung beauftragt wurde. Hierbei wurden zwei Register im Hauptwerk ausgetauscht, mehrere Zungenregister grundlegend überarbeitet und die Traktur ausgebessert. Auf leicht erhöhtem Winddruck wurde die Orgel neu intoniert und gestimmt.
II Hauptwerk (C-f''')
• Quintadena 16'
• Principal 8'
• Hohlflöte 8'
• Octave 4'
• Spitzflöte 4'
• Nasat 2 2/3'
• Octave 2'
• Mixtur 6-8f.
• Trompete 16'
• Span. Trompete 8'
• Trompete 4'
I Rückpositiv (C-f''')
• Holzpfeife 8'
• Quintadena 8'
• Principal 4'
• Rohrflöte 4'
• Sesquialtera 2f.
• Waldflöte 2'
• Octave 1'
• Scharff 4-5f.
• Dulcian 8'
• Tremulant
• Cymbelstern
III Brustwerk (C-f''')
• Gedackt 8'
• Principal 4'
• Blockflöte 4'
• Gemshorn 2'
• Terz 1 3/5'
• Quinte 1 1/3'
• Cymbel 3-4f.
• Vox humana 8'
• Tremulant
Pedal (C-f')
• Principal 16'
• Subbaß 16'
• Octave 8'
• Gedacktpommer 8'
• Octave 4'
• Holzflöte 4'
• Nachthorn 2'
• Rauschpfeife 2f.
• Mixtur 10f.
• Posaune 16'
• Trompete 8'
• Schallmey 4'
Koppeln:
RP/HW • BW/HW • HW/PED • RP/PED
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